Bernd Wilberg

Quatsch mit Soße

Selbst wenn wir uns für feinnervige Esser halten, geben wir doch hin und wieder der Versuchung nach, in einer Imbissbude Quatsch mit Soße in uns reinzustopfen. Im besten Fall könnte dies eine lustvolle Missachtung selbst auferlegter Regeln sein. Schließlich gehört zur Kulinarik auch, über die Stränge zu schlagen. Aber meist ist Fast Food bloß ein Versprechen, das nicht gehalten wird. Pommes rot-weiß, »Döner mit scharf« oder Falafelbällchen, derart kaputtfrittiert als besäßen sie eine Schale — die kindliche Vorfreude auf so etwas ist stets ein weitaus wohligeres Gefühl, als jenes, das sich nach dem Verzehr einstellt. Denn auch das Einfache verlangt Präzision und nicht bloß eine Fritteuse.

 

Wer mag da noch glauben, ein schneller Imbiss sei günstig? Es sind ja gerade solche »Snacks«, die uns zu völlig überhöhten Preisen verabreicht werden. Zweifuffzich für anderthalb Handvoll frittierte Kartoffelstäbchen sind maßlos. Kein Wunder, dass dies immer öfter mit Gimmicks, die vermeintlich hochwertig (»selbst gemacht«) oder kreativ (»Mango-Senfsauce« auf die Pommes) sind, kaschiert wird. 

 

Aber ist Fast Food wenigstens nicht praktisch? Nein, weil die meisten Offerten allein schon in der Handhabung einem gehörig den Spaß vermiesen können. In Etikette-Kursen wird gelehrt, wie eine Schalentierzange zu benutzen sei. Was für ein weltentrückter Unfug! Wann käme man je beim Restaurantbesuch in die Verlegenheit, einen Lobster eigenhändig zu zerteilen? Besser brächte man den Teilnehmern bei, wie eine türkische Pizza verspeist werden kann, ohne sich den Hals zu verrenken oder zu schlabbern. Allerdings liegt gerade darin eine feine Pointe der Fast-Food-Kultur: Obwohl uns auf-geklärten Großstädtern die Kategorien moralischer Schuld nach einer Übertretung unserer Grund- und Vorsätze ganz abhandengekommen sind — befleckt sind wir danach dennoch. Und sei es mit einem Spritzer »scharfe Soße« auf der schicken neuen Jacke.