Avantgarde-Spagat

Die neue Reihe »Videonale Scope« ehrt zwei sehr unterschiedliche Visionäre: Birgit Hein und James Benning

Videonale Scope nennt sich eine in Köln und Bonn erstmals präsentierte Veranstaltungsreihe mit der »die Übergänge und Schnittstellen zwischen Film- und Videokunst« erforscht werden sollen. Glücklicherweise konzentriert sich die vom Filmkritiker Daniel Kothenschulte zusammengestellte Schau auf den Film-Teil der Gleichung: Präsentiert werden im Rahmen von CineCologne (s. S. 24 u. 58) parallel geführte Hommagen an Birgit Hein und James Benning. Was erst einmal nicht einleuchtet, haben Hein und Benning jenseits des Geburtsjahres (1942) und ihrer Zuschreibung zum weiten Feld der Avantgarde, Unterabteilung Strukturalismus, relativ wenig gemein.

 

Über den international auf vielen Festivals (wieder)entdeckten Benning haben sich in den vergangenen Jahren viele Leute ausgebreitet; beschränken wir uns hier auf die Feststellung, dass mit »Grand Opera — A Historical Romance« (1979) und »Landscape Suicide« (1986) zwei seiner großartigsten Werke zu sehen sein werden. Und mit »13 Lakes« (2005), der lediglich aus 13 ungefähr zehnminütigen starren Blicken auf Seen besteht, auch jene Arbeit, die seine schaffensfreudigste wie künstlerisch belangloseste Periode einläutete — für jeden »Ruhr« (2009), Bennings wortloses Porträt des Ruhrgebiets, gibt es fünf Variationen seines Seenfilmschemas.

 

Um Birgit Hein hingegen ist es eher still geworden, was beunruhigend ist, hat sie doch mehr für den Avantgardefilm geleistet als irgendwer sonst in diesem Land. Gemeinsam mit ihrem früheren Mann Wilhelm war sie von den späten 60er Jahren bis in die späten 80er eine Schlüsselfigur der internationalen Experimentalkinokultur, und zwar nicht nur als Filmemacherin, sondern auch als Aktivistin: 1968 organisierte das Ehepaar Hein in Köln die ersten Vorführungen des legendären Underground-Forums XSCREEN — daran erinnern sich Altvordere des Anderen Kinos bis heute, wenn man unsere Stadt erwähnt. Drei Jahre darauf publizierte sie mit »Film im Underground« ein Schlüsselwerk der hiesigen Filmliteratur. Gemeinsam mit Wulf Herzogenrath kuratierte sie 1977 im Kölnischen Kunstverein die bahnbrechende Ausstellung »Film als Film. 1910 bis heute«.

 

Man könnte noch allerhand andere ähnlich gelagerte Pioniertaten nennen, sollte aber auch über ihre Filme sprechen, von denen leider nur wenige bei Videonale Scope zu sehen sein werden — allen voran allerdings ihr Meisterwerk: »Die unheimlichen Frauen« (1991), eine Beschwörung/Untersuchung von Kinogewalt- und -sehnsuchtsfantasien über/mit/von Frauen. Ist 22 Jahre nach seiner Vollendung notwendiger denn je.