Windhand

Mehr als nur Kellner in Teufels Küche

Die neueren amerikanischen Fernseh-Serien, denen man völlig zu Recht zubilligt, ein zeitgemäßes realistisches Erzählmodell in der Tradition der großen französischen Erzähler geschaffen zu haben (David Simon als der Balzac unserer Tage), zeichnet vor allem eines aus: Nichts geht verloren. Was eine Figur, nennen wir sie Walter White, in Folge 3/Staffel 2 auslöst, erfährt sie in Folge 8/Staffel 4. Ein sadistisches Universum: Alles hat eine Konsequenz, alles spiegelt sich, alles kommt wieder. Dagegen meint die musikalische Popkultur immer noch stur geradeaus voranschreiten zu können — Stil löst Stil ab, und im Zuge der Retromania werden vergangene Pop-Formen bloß als mumifizierte »wiederentdeckt«. Have a look:
Vor zwanzig Jahren fand die Hochzeit von Doom- und Sludge-Metal und Indie-Hochkultur statt. Gott, was waren die Melvins hip, und wie extravagant sich Earth gaben — und wie lässig ist das denn: Kyuss-Alben wurden im Sixpack gespielt. Dann war auch dieser Trend vorbei.

 

Aber Doom gab es vor und gibt es nach dem Hype. Der globale Underground der endlos runter-gestimmten Gitarren, der schleppend-scheppernden Tonnenbeats, der Monsterbässe und des Ozzy-Osbourne-Gedächtnis-Heulens expandiert. Und die Bands klingen immer besser, fetter, wuchtiger, epischer. Da wird gemalmt und gequetscht, als wäre unsere Seele Getreide und der Müller der Teufel höchstpersönlich.

 

Allein, Doom ist nicht »angesagt«. Diese Verfeinerung des monochrom Groben gilt bestenfalls als Exotismus. Dabei sind Windhand, das neueste Schwarze Loch am Metal-Firmament, überhaupt nicht exotisch, sondern beherzigen aufrichtig jeden Standard: -Hörner, die aus Köpfen wachsen, bizarre Tiermasken, verfallene Hütten in düsteren Wäldern, waghalsige Experimente mit Alkaloiden. Allerdings schluchzt da kein Osbourne-Klon, sondern besser noch: eine Frau — Dorthia Cottrell. 

 

Das Quintett aus Richmond, Virginia, macht alles richtig: Bloß nicht mit »Originalität« posen, -vielmehr auf absolute Genre-Treue setzen, also: akribische Materialforschung. Das macht gelassen, sie bekennen sich auch zu ihren lichten Momenten. Wenn mal die Sonne durchbricht — warum nicht? Aber es bleibt ein sadistisches Unternehmen der eigenen Art.
Am Ende wird uns der Bass -zermalmen. Alle. Ausnahmslos. Restlos.