Clubs der stadt #15: Der Club als Bank

Partyboom? Clubsterben? Rolf Kistenich, Betreiber des Blue Shells, kann darüber nur milde lächeln: Schließlich gibt es den Laden am Barbarossaplatz schon seit über dreißig Jahren.

 

Eigentlich lief das Leben von Rolf Kistenich in geregelten Bahnen: Mit 15 machte er eine Ausbildung zum Elektriker, übte den Job 19 Jahre lang aus, bis er sich entschied, eine Abfindung seines Arbeitgebers in Anspruch zu nehmen und statt das Geld auf die Bank zu bringen, in einen Club zu stecken. Schließlich war das Blue Shell schon 1994, als Kistenich als Miteigentümer einstieg, »eine sichere Bank«. 1979 eröffnete Frank Schauhoff, der heute vor allem als Autor von Köln-Krimis und Kochbüchern von sich lesen macht, den Laden unweit des Barbarossaplatzes. »Eigentlich war das Blue Shell gar nicht als Punk-Kneipe konzeptioniert, aber die Rocker, Punker und Teds haben sich gleich wohlgefühlt«, so Kistenich. »Das war einfach der erste Laden, der nicht nach Kneipe aussah, ohne Holzvertäfelung, dafür mit lackierten Wänden. Das passte zum Zeitgeist.« Gerade in den Anfangsjahren macht sich das Blue Shell durch Schlägereien einer breiteren Öffentlichkeit bekannt. »Jeder von den alten Bauhaus-Stühlen, die wir bis heute noch haben, ist mindes-tens einmal durch die Luft geflogen«, lacht Kistenich.

 

Kistenich, »Matten- und Plattenkönig« seines Dorfes, gehörte zu den ersten Gästen des Blue Shells, angelockt durch die Aussicht darauf, seine Lieblings-Indie-Pressungen dort zu hören. »Um diese raren Singles zu bekommen, musste man ja mitunter bis nach Holland fahren, und wenn man sie dann hatte, dann hatte man sie auch exklusiv«, weiß Kistenich, der selbst seit 1987 hinter den Plattentellern steht — zunächst in dem nur neun Monate existierenden Gaz Club, dann auch im Rose Club und eben im Blue Shell, wo er seine Scheibensammlung zum Beispiel vor der frischgegründeten SPEX-Redaktion präsentierte. Vom DJ zum Clubbetreiber: ein klassischer Nachtlebenslauf. Seit 2001 ist Kistenich alleiniger Chef des Ladens, in dem nicht nur Partys, sondern vor allem Konzerte sehr, aber auch  minder bekannter Bands stattfinden — nicht nur aus dem Indie-Segment, auch Queer-Rap-Queen Mykkie Blanco gab hier sein/ihr Köln-Konzert. Nach der Show wird zu DJ-Sets weitergetanzt — oder Kicker oder Billard gespielt. Besonders glücklich ist Kistenich darüber, dass in der traditionell männlich besetzten Clubkultur auch ein paar Frauen bei ihm zu Feiereien einladen: Hinter der Love. Tuesday, die wie der Name schon nahelegt immer dienstags stattfindet, steckt ein weibliches Veranstalterteam, das demnächst auch den Freitag mit einer neuen Reihe bespielen wird.