Politik performen

Bereits in der Antike diente das Theater als Ort für politische Kommunikation, bis heute ist es untrennbar damit verbunden. Mit zuverlässiger Regelmäßigkeit wird diese Verbindung alle Jahre wieder auf ihre Tauglichkeit hin überprüft. Was kann und was darf politisches Theater? Mit welchen Mitteln reagiert es auf aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen und was taugen sie? Ist das zeitgeistige »Reenactment« dokumentarischer Texte, wie Aussagen des rechtsradikalen Mehrfachmörders Anders Behring Breivik, ein politischeres Theater als etwa Schillers »Räuber« am Stadttheater?

 

Der 36-jährige Wahlkölner Milo Rau beschäftigt sich als Regisseur und Theaterautor intensiv mit neuen Formen des politischen Theaters. Damit ist er sehr erfolgreich. Sein dokumentarisches Stück über den Völkermord in Ruanda (»Hate Radio«) war letztes Jahr zum Berliner Theatertreffen eingeladen und in Köln zu sehen. Schon an der Auswahl seiner Themen und Quellen — ob Breivik-Rede, Ruanda oder die Protokolle aus dem Prozess gegen die Musikerinnen von Pussy Riot — ist Raus Theater explizit als ein politisches zu erkennen. So einfach ist es nicht immer. Selten lässt sich in wenigen Worten erklären, was »Politisches Theater« ist und was nicht. Das Konzeptionspapier, in dem die inhalt­lichen Kriterien für die Vergabe des »Kurt-Hackenberg-Preises für politisches Theater«, der jedes Jahr parallel zu den Kölner Tanz- und Theaterpreisen verliehen wird, dargelegt werden, umfasst nicht weniger als 13 Seiten. Gerade der fehlende Konsens macht das Thema dauerbrisant und ­spannend.

 

In Kooperation mit dem städtischen Schauspiel greift diesmal das Institut für deutsche Sprache und Literatur an der Uni Köln die Diskussion auf. Zu diesem Zweck hat es neben dem Praktiker Milo Rau, die Kritikerin Eva Behrendt (theater heute), den Theaterwissenschaftler Benjamin Wihstutz und den Chefdramaturgen des Schauspiels Jens Groß zum öffentlichen Gespräch »Act now — aktuelles Politisches Theater« ins Foyer des Depots eingeladen.