The Hidden Cameras

AGE

(Evil Evil / RAR / Alive)

 

Ein Blick auf das Cover reicht, um sich zu vergewissern, dass die Musik von Joel Gibbs’ Hidden Cameras ihre schwule Identität nicht verloren hat. Zwei Jünglinge räkeln sich da mit nacktem Oberkörper eng beieinander, beide mit wohligem, aber auch angespanntem und unsicherem Gesichtsausdruck. Genau so stellt die avancierte Popkultur ein Coming Out dar, und genau das gehört zu den Themen, die Gibbs während seiner nun schon mehr als zehn Jahre andauernden Karriere nicht losgelassen haben. Besonders Repressionen gegenüber Schwulen und Lesben thematisiert Gibbs auf »AGE« so explizit wie noch nie. Die Single »Gay Goth Scene« zeichnet in Video und Text ein bedrückendes Bild von Mobbing unter Jugendlichen, ernst und schnörkellos und ohne das verspielte Ornament, das Gibbs’ Songs sonst oft eine kontrastreiche Atmosphäre verlieh.

 

Überhaupt ist von der »Gay Church Folk Music«, wie der Stil der Hidden Cameras von Gibbs selbst genannt wurde, nicht mehr viel übrig geblieben. »AGE« klingt stilistisch so heterogen wie nie, wird aber auch oft von einer kühlen Theatralik geprägt, die sich Gibbs von Synthie-Pop und Dub abgeschaut hat. Dazu passt auch, dass von dem einst freundschaftlich verbundenen, vielköpfigen Kollektiv Hidden Cameras nicht mehr viel übriggeblieben zu sein scheint, auf aktuellen Pressebildern sind neben Gibbs nur noch Schatten von unbenannten Bandmitgliedern zu sehen. Der drama-tischen Klasse der Musik tut das keinen Abbruch — Ideen hatte Joel Gibbs immer schon mehr als genug.