Szene, welche Szene?

Die Temporary Gallery hat den Wettbewerb für ein neues Zentrum für Zeitgenössische Kunst gewonnen — mit einem bewährten Programm

Nun ist es beschlossene Sache: Das von der Stadt Köln ausgeschriebene »Zentrum für zeitgenössische Kunst« wird in die Temporary Gallery am Mauritiuswall einziehen. Für einen Zeitraum von fünf Jahren wurden in der letzten Ratssitzung 2013 die Gelder bewilligt, die helfen sollen, einen »Identifikationsort für Kölner Künstlerinnen und Künstler, Kunstprojekte, junge Galerien, Verlage, Hochschulen sowie Vermittlerinnen und Vermittler zu etablieren«. Da hat man sich einiges vorgenommen. Sieht man genauer hin, erscheint der Aufgabenkatalog auf der Basis von 80.000 Euro jährlich ganz schön hochgegriffen: Sowohl Raummiete als auch Gehälter, Betriebs- und Verwaltungskosten sind daraus zu finanzieren. Willkommen in der Welt der schmalen Budgets, die den zukunftsweisenden Kulturschaffenden und visionären Vordenkern vor allem eines abverlangt: Pragmatismus. So hat der eigens einberufene Fachbeirat, bestehend aus Ilka Becker, Fritz Emslander und Barbara Hess sich für einen Bewerber entschieden, der die notwendige Infrastruktur schon mitbringt. Die Temporary Gallery verfügt über vielseitig nutzbare Räume im Zentrum von Köln und hat sich durch die ambitionierte Ausstellungs- und Projektarbeit seit ihrer Gründung 2009 bereits einen Namen gemacht. Wir haben die künstlerische Leiterin Regina Barunke gefragt, wie die neue Zielsetzung aussieht.

 

Was macht die Temporary Gallery zur idealen Basis für ein »Zentrum für zeitgenössische Kunst«? 2012 übernahm ich die Temporary Gallery mit einem neuen Konzept, das eine klare inhaltliche Linie verfolgt und ausschließlich drittmittelfinanziert ist, also inhaltlich unabhängig. Meine Idee war — und dies bleibt auch wesentlicher Bestandteil des »Zentrums für zeitgenössische Kunst« — auf inhaltliche Kooperationen mit ausgewählten Gästen zu setzen, d.h. Kunstinitiativen, Kuratoren oder Wissenschaftler mit neuen Ansätzen einzuladen und das Internationale mit dem Lokalen zu verbinden.

 

Wie wollen Sie die Szene vor Ort einbeziehen? Nun, was ist »die« Szene? Szenen gibt es so viele, wie es Orte gibt, an denen sich Interessierte treffen und dann eben eine »Szene« bilden. Es ist für mich wichtig, ein gutes Gleichgewicht an Teilnehmern zu finden und ein Programm zu entwickeln, das qualitätsvoll, anregend und abwechslungsreich ist. Ich freue mich über Vorschläge!

 

Sie setzen sehr stark auf Kooperationen. Eine Möglichkeit, Manpower und Kosten zu teilen, oder eine Chance Wissens- und Ideen­sharing? Der erste Aspekt ist bisher weniger ins Gewicht gefallen, da ich mich als Gastgeber selbstverständlich um die Gelder und die Realisierung der Ausstellung gekümmert habe. Für wesentlich interessanter und wichtiger halte ich den gegenseitigen Austausch, der zugleich die Überwindung gedanklicher Grenzen ermöglicht und Ansätze beisteuert, die erst in einer intensiven Zusammenarbeit entstehen können.

 

Wie wird sich die Förderung auf die personelle Struktur auswirken? Es wird eine halbe Stelle für Öffentlichkeitsarbeit ausgeschrieben, die mich unterstützt. Natürlich bedeutet die Förderung für uns eine große Entlastung und auch Planungssicherheit. Nichtsdestotrotz müssen nach wie vor hundert Prozent der Programmkosten eingeworben werden — was uns daher von einem Projektraum kaum unterscheidet, dafür aber die Freiheit der Programmgestaltung bietet. Wir freuen uns als junger Kunstverein auch über neue Mitglieder: Seit diesem Jahr sind wir Mitglied im Verbund der Arbeitsgemeinschaft deutscher Kunstvereine.

 

Teil der Ausschreibungsbedingungen war die Einrichtung einer Beratungsstelle für Kulturschaffende. Wie soll das aussehen? Die Beratungsleistungen, die wir künftig für Kölner Kulturschaffende anbieten, umfassen eine wöchentliche Sprechstunde zur individuellen Beratung und ein Programm aus Workshops mit einer kleinen Teilnehmerzahl über spezifische Fragestellungen. Ich bin sehr gespannt, wie die Resonanz auf dieses neue Angebot sein wird.

 

Was wünschen Sie sich für die Zukunft des Kunstzentrums?  Ich hoffe, dass wir mit unserem Programm einen wichtigen Beitrag für die Kölner Kunst und Kultur leisten, sie mit möglichst vielen interessanten Gästen und Ideen zusammenbringen und letztere im Gegenzug für die Qualität der Stadt und Region begeistern. 2014 starten wir mit einem der derzeit interessantesten französischen Kuratoren und Kunstkritiker: François Piron, der unter dem Titel »Unitasking (tentatively)« Studierende seines Postgraduiertenprogramms an der Kunstakademie Lyon zusammen mit dem französischen Künstler Mattia Denisse bei uns vorstellen wird.