»Pope of Trash«

Seine Markenzeichen sind der akkurat hauchdünne Oberlippenbart und seine schön-scheußlichen Anzüge. Vorgeblich kultiviert, doch von einer erlesen queeren Schmierigkeit, erinnert Regisseur und Autor John Waters eher an einen schwulen Zuhälter, der Minderjährigen Klassiker der perversen Literatur zusteckt, als an einen gediegenen Herrn mit ausgesprochenem Interesse an Kunst und Kultur. 

 

In seinen Arbeiten vereint der »Pope of Trash« (William S. Burroughs) ausgesucht geschmackvolle Geschmacklosigkeit, die sich für alles Peinliche und Abseitige begeistert. Alles mit dem Gestus eines souveränen Dandy-Intellektuellen, der sehr, sehr viel zu erzählen hat. 

 

Zum Glück: Mit den fast schon im Sekundentakt abgefeuerten Anekdoten aus seinem bewegten Bohème-Leben entpuppt sich Waters in der Stand-Up-Version seines gleichnamigen Dokumentarfilms »This Filthy World« in Timing und Witz auch als grandioser Entertainer. Seinem aasig-liebenswerten Charme erliegt man auch dann, wenn er von seinem jugendlichen Kleinkriminellentum, Drogeneskapaden und seiner Leidenschaft für Justiztourismus, die ihn zu besonders glamourösen Gerichtsverhandlungen reisen lässt, erzählt. Die One-Man-Show gelingt auf der Bühne als todkomischer Ritt durch das Leben des anarchischen Künstlers, der allen, die vom Harmonie-Schmier des Mainstreams noch nicht voll anästhesiert sind, ein Schutzpatron ist.

 

Zu Weltruhm gelangte der bis heute in Baltimore lebende Filmemacher wegen seiner subversiven Filme in den frühen 70er Jahren. Sie sorgten Jahre vor dem Punk, dessen ätzender Humor Waters maßgeblich geprägt hat, in der sexuell wie ästhetisch experimentierfreudigen urbanen Gegenkultur für Aufsehen und bei den Sittenwächtern für blankes Entsetzen. Durchaus warholesk servierte Waters singende Arschlöcher, Hundekot verzehrende Transvestiten und eine fröhliche Lust an billigem Plastik und schrillen Fummeln als grelle Überzeichnung des Mittelschichttraums vom sortierten Kleinklein. Willkommen in Köln, Onkel John!