Wagnis Wagner

Port in Air brillieren mit den Meistersingern von Nürnberg im kleinen Artheater

In den Arbeiten des englischsprachigen Ensembles Port in Air steckt immer eine besondere Liebe zum Detail. Regisseur Richard Aczel verfasst die Stücke oft selbst und inszeniert auf den Punkt. Bemerkenswert ist auch, wie temporeich, präzise und diszipliniert die überwiegend studentischen Schauspieler die Stoffe meist angehen. Mit ihrer ersten Oper zeigen Port in Air nun auch ihr erstes deutsches Stück, das gleichzeitig ihr bislang anspruchsvollstes ist.

 

Nicht ohne Grund sind werkgetreue Opernaufführungen in der Freien Theaterszene die absolute Ausnahme. Schon allein der musikalische Schwierigkeitsgrad im instrumentellen als auch im Gesangsbereich stellt eine immens hohe Hürde dar. Das Publikum erwartet von dieser bildungsbürgerlichsten aller Kunstformen traditionell allerhöchste Qualität. Aczel und seine Akteure stören sich nicht daran. Vielmehr gehen sie frisch ans Werk und schaffen einen Spagat: Sie verpassen dem deutschen Säulenheiligen Wagner eine gehörige Frischzellenkur, zugleich nehmen sie aber seine Musik ernst. 

 

Diese hat Anja Manthey sehr stimmig zu einer ungewöhnlichen Trioformation mit Klavier, Saxophon und Geige umarrangiert. Der reduzierte Klang wird dem kleinen Bühnenraum im Artheater gerecht und lässt den Darstellern die nötigen Freiheiten. Wagners vernebelte, schon im 19. Jahrhundert längst überholte Vorstellung, es gebe eine in der Nation verankerte Liebe zur Kunst, die wie ein Handwerk zu pflegen sei, wird ohne viel Federlesens durch den Kakao gezogen. Dazu wird der altertümelnde Librettotext karikiert und die Partitur durch Popsongs angereichert, oder Port in Air bedient sich choreografischer Mittel, die man als ihre größte Stärke zu schätzen gelernt hat. So wird der berühmte Wahnmonolog des Hans Sachs, das reflexive Herzstück des Werks, in dem die dubiose Idee vom einem das Volk stillschweigend lenkenden Meister schlummert, zu einem mechanisch anmutenden Chorarrangement umfunktioniert. Der ruhigere zweite Teil bietet die Höhepunkte des Abends wie die wunderbaren Gesangssoli von Simon Schuller und Olivia Sawano. Die schauspielerische Leistung des Ensembles mag diesmal eher durchwachsen sein, doch das gesprochene Spiel ist ohnehin nachgeordnet. Als Gemeinschaftsarbeit aller Beteiligten sind diese »Meistersinger« eine künstlerische und koordinatorische Großtat, vor der man nur den Hut ziehen kann. An eine solche Sorgfalt reicht derzeit kaum eine andere freie Produktion heran.