The Notwist

In der Distanz verharren, aber nie abschätzig distanziert auftreten: Es ist dies Unprätentiöse, Beiläufige, Unaufdringliche, was das Charisma von The Notwist ausmacht. Es ist die künstlerische Ressource, aus der sie schöpfen. Jetzt ist von »den Weilheimern« mal wieder ein neues Album erschienen. Nichts auf »Close To The Glass« kündigt von Dringlichkeit, Mitteilungsbedarf, großer Klappe. Es strahlt Ruhe aus, eine Gelassenheit, die sich als Indifferenz gegenüber Trends, Hörerwartungen, Publicity ausdrückt, ohne in murzelbackige Introvertiertheit umzuschlagen. 

 

The Notwist, das sind hauptsächlich die Acher-Brüder Markus und Micha und der Elektroniker Martin Gretschmann, gäben hervorragend jene freundlichen Nachbarn ab, die ein gewisses Geheimnis umgibt. Kein düsteres, eher eins von der Sorte: Sind die nicht eigentlich berühmt? Was, diese Schluffis? Doch, doch, neulich habe ich die in der Zeitung gesehen. Kann nicht sein! Aber wenn ich es Dir doch sage … 

 

»Close To The Glass« ist ein zurückgenommenes Album, der englisch singende Markus Acher kaschiert gar nicht groß seinen deutschen Akzent und stellt das Fragile seiner Stimme offen aus. Diesen Ausbruch von Intimität erlauben sie sich. Den einzigen.

 

Vor allem ist ihr achtes Album eine feinsinnige Verschachtelung von elektronischen und »klassischen« Indie-Arrangements. Zu abgeklärt, um als spektakulär durchzugehen. Das dürfte so gewollt sein. »Natürlich« machen die Songs deutlich, wie sehr auch der zeitgenössische Indierock noch von den Songideen der Beatles und den Soundvisionen des Krautrocks  zehrt; »natürlich« geben sie sich keiner Grenzüberscheitungen ins Atonale und Improvisatorische hin (das wird, durchaus bedauerlich, an die Sideprojects delegiert). Aber sie könnten! The Notwist könnten psychedelisch in den Kosmos abheben und nebenbei die anmutigsten Songs seit Paul McCartneys »For No One« schreiben. Sie sind wie der sa--gen-hafte Mittelfeldspieler, der locker für Dortmund spielen könnte, der aber den unspektakulären Kick in Unterhaching vorzieht. Im realen Leben undenkbar, aber einen 1a-Filmhelden gäbe er ab. Zu diesem Film würden The Notwist den Soundtrack einspielen. Ehrensache.