Lächerlich große Sneakers

Danny Brown stellt HipHop-Klischees auf den Kopf

Wenn man nach einer Musterbiographie für Rapper sucht, dürfte die von Danny Brown ihr ziemlich nahekommen. Aufgewachsen im verfallenden Detroit, beide Eltern drogensüchtig, die Großmutter steht bei Chrysler am Fließband und bringt das Geld nach Hause: »On the couch so cold can’t take off your sneakers, and it’s torture.« Kein Wunder, dass der Junge zum Drogendealer mit 10.000 Dollar Tagesumsatz aufsteigt und mit Anfang 20 wegen dieser Geschäfte einfährt. 

 

Erzählstoff besitzt er en masse — wie Eminem, der eine ähnliche Jugend zu einigen Grammys und einem abendfüllenden Spielfilm versilberte. Wobei bei Danny Brown genau das Gegenteil herauskommt. Anstatt als von der Welt gegerbter Rapper im »Wild Style meets Roseanne«-Modus auf sein Leben zurückzublicken, schnürt er die lächerlich großen Sneakers über den engen Jeans und rappt drauf los. 

 

Und wie er rappt! Danny Brown hat einen der präzisesten Flows der Gegenwart. Er schwingt sich synkopisch über seine Backline aus Electro- und Trap-Beats, schlägt danach kopfüber in einem Doubletime-Rap um, und landet glücklich punktgenau mit einer Punchline. Der Mann hat Skills. Wobei diese Skills im Kontrast zu der Persona stehen, die Danny Brown auf einem Album und einem Mixtape entwickelt hat: Danny Brown, der Weirdo mit der prominenten Zahnlücke und dem zerzaustenAfro. Danny Brown, der Gute-Laune-Rapper mit dem glasigen Blick und den lustigen Geschichten von durchfeierten Nächten voll Ecstasy. 

 

Aber sein Reimflow verrät ihn: Danny Brown ist ein Musiknerd erster Kajüte. Gelernt hat er von den Größten: dem Wu-Tang-Clan, dem britischen Rapper Dizzee Rascal und seinem Stop-and-Go-Rapstil. Und von Arthur Lee und seiner psychedelischen Sanftheit. Weil er in Interviews über Joy Division redet, mögen ihn die Indieblogs ganz besonders gerne. Wäre er eine Romanfigur, man würde Danny Brown als »runden Charakter« beschreiben, vielleicht auch als Publikumsliebling. Sein Publikum hat Danny Brown auf jeden Fall im Griff, egal ob auf dem Coachella oder im Club. Live liefert er seine Stakkato-Reime ohne Reibungsverlust und ist gleichzeitig eine Rampensau, die nie die Momente verpasst, in denen es opportun ist, das Mikro ins Publikum zu halten. Danny Brown ist ein Entertainer wie aus dem Lehrbuch, und das Schöne daran: Er hat dafür nicht eine Stunde büffeln müssen.