Abweisende Haltung und große Gesten

Bei aller Kühle haben sich Hundreds zu einem veritablen Erfolgsact gemausert

Die Hundreds haben es geschafft: Ihr Konzert im Arttheater ist ausverkauft (wir verlosen noch einige Gästelistenplätze!). Obwohl am selben Tag The Notwist und die Jezabels in der Stadt auftreten. Nicht nur das: Auch für fast alle anderen Konzerte, die sie im März anlässlich der Veröffentlichung ihres zweiten Albums »Aftermath« spielen, gibt es keine Karten mehr. Und das lange, bevor auch nur ein vollständiger Song des Albums der Öffentlichkeit zugänglich war.

 

Eine Popularität, die der Band viele nicht zutrauten. Auch wenn sich der Electro-Pop des Geschwister-Duos Milner nie vor Eingängigkeit und Massenkompatibilität scheute, waren die beiden doch nie die Band, die ihrem Publikum Teilhabe und Platz für explizites Fantum bot. Ob nun live oder auf ihrem selbstbetitelten Debütalbum ließen die beiden sich selbst und ihr Publikum zwar tanzen, es war aber ein Tanzen für sich allein, mit geschlossenen Augen, ohne irgendjemanden zu animieren mitzutanzen. Genau so sah es aus, wenn Sängerin Eva Milner ohne Sichtkontakt und mit zuckenden Bewegungen ihre Texte ins Mikrophon hauchte, während ihr älterer Bruder Philipp, sonst Studio- und Livemusiker bei Chartgrößen wie Clueso, seine Gerätschaften bediente, als ob niemand anderes im Raum sei. Hundreds waren eine Band, die großen, stimmungsvollen  Pop fabrizierte, ohne ihr Publikum anzufeuern, ohne mit ihm in Interaktion zu treten. 

 

Das nun erscheinende »Aftermath« tut im Prinzip nichts anderes, auch wenn Hundreds den Sound des Clubs ein bisschen hinter dem Bild der großen Popbühne zurückgelassen haben. Die Sounds, die die zwölf neuen Stücke durchziehen, klingen nicht mehr so elektronisch, stattdessen teilweise gar klassisch orchestral. Trotzdem erwecken sie wieder eine Illusion vom einsamen Dancefloor, vom Rave der Anonymität, von Techno ohne Party. Dazu gehört, auf offensichtliche Reize zu verzichten, auf blinkendes Ornament, das den Hörer fixieren und eine ganze Platte dominieren kann. »Aftermath« bietet nichts dergleichen, und trotzdem ist es gelungen. Es ist unwägbar und zugleich direkt, mysteriös und plakativ, es ist musikalisch Pop, außerhalb dessen aber nicht. Hundreds spielen, ähnlich wie die gerade ebenfalls ihr zweites Album veröffentlichende Ex-Kölnerin Dillon, mit Glamour genauso wie mit Illusionen. Man kann sich nicht mal sicher sein, dass sie dieses Spiel wirklich beherrschen. Vielleicht macht das auch ihre Erfolgsformel aus: Hundreds stecken in der Musik, die sie machen, sehr tief drin — und fest.