Fleisch im Schritt

Love Steaks von Jakob Lass

Boy meets girl in einem Wellness-Hotel an der Ostseeküste. Clemens (Franz Rogowski) ist der neue Masseur: hochgradig unsicher, tollpatschig, untergebracht in einer Wäschekammer oben im Hotel. Lara (Lana Cooper) ist eine taffe Köchin: aufbrausend, Punk, mit Neigung zum Alkohol. Erste Begegnung im Fahrstuhl. Sie zu ihm: »Boah, du schwitzt. Riecht man. Ist aber nicht so schlimm.« Beste Voraussetzung für eine Romanze am Strand – bei der man sich schließlich auch mal derb was aufs Maul gibt.

 

Diesem Debütfilm geht ein enormer Ruf voraus. Wie zuletzt keine andere deutsche Produktion hat »Love Steaks« auf den heimischen Festivals abgeräumt: gleich fünf Förderpreise auf dem Filmfest München und den Max-Ophüls-Preis in Saarbrücken. Und das zu Recht: Schön flink saust die Kamera (Timon Schäppi) durch die Welt hinter den Kulissen dieses tristen, einschläfernden Hotels, der Schnitt (Gesa Jäger) ist hektisch und wirkt roh, der Ton ist auf eine Weise dreckig, die nach all den sterilen und hermetischen Klangwelten des deutschen Förderkinos aufatmen lässt. Die Darsteller nuscheln, wie Leute eben nuscheln, die Atmosphäre klirrt und scheppert, dass sie jeden Fernsehredakteur zur Verzweiflung treiben muss. Und wenn Clemens seufzenden Damen den Rücken massiert, ist die Tonspur auch noch von New-Age-Klangschrott verunreinigt. Kurz: Regisseur Jakob Lass traut sich was.

 

Und er ist witzig, sehr sogar: An den unterschiedlichen Arten des Sprechens hat er viel Freude. Mal ist der Film lakonisch, ohne sich gemütlicher Skurrilität zu beugen, dann wieder auf krachenden Slapstick gebürstet. Burlesk wird es, wenn Lara ihrem Clemens in den Kühlräumen allerlei kaltes Fleisch in den Schritt hängt, weil sie seinen vor Kälte eingefahrenen Schwanz sehen will. Überhaupt, die beiden Hauptdarsteller: Selten hat man zuletzt im deutschen Kino eine dermaßen ausgeprägte Spielfreude gesehen.

 

Man denkt an Klaus Lemkes Komödien »Sylvie« und »Amore« aus den 70er Jahren. »Love Steaks« ähnelt ihnen, auch in der Produktionsweise: Der Film entstand ohne festes Drehbuch, man improvisierte im Hotel während des laufenden Betriebs. Gedreht wurde außerhalb der rigiden Vorgaben des deutsche Fördersystems: »Love Steaks« atmet weder den Geist von Kultur mit großem K, noch den von nervigem Professionalismus-Gehampel. Das macht nicht reich und schafft keine Sicherheiten. Aber es macht sehr, sehr frei.

 


Love Steaks. D 2013, R: Jakob Lass, D: Lana Cooper, Franz Rogowski, Eric Popp, 90 Min. Start: 27.3.