Brötzmann in der musikFabrik

Der Saxofon-Koloss aus Wuppertal trifft auf Neue Musik

Brötzmann, der Name ist Programm, verheißt ungebändigte Energie, eine überschäumende Spiellust, in der unser ganzes existenzielles Leid aufgehoben ist — ja, aufgehoben, in allen drei Bedeutungsvarianten. Peter Brötzmann, der Saxofon-Koloss aus Wuppertal, hat gerade seinen 73. Geburtstag gefeiert, mögen noch viele auf der Bühne begangen werden. Mittlerweile scheint er die Geschichte des Free Jazz alleine zu schultern.

 

Aber Brötzmann in der Neuen Musik, die ja, bei aller klanglichen Radikalität, immer auch eine Welt des kühlen Intellekts und des distanzierten Umgangs ist? Das geht? Es ging: Zu Beginn der Free-Jazz-Revolution in Europa vor 45, 50 Jahren liefen die Schienen parallel, auch die Neue Musik experimentierte mit Elementen freier Improvisation. Brötzmann trat in heute legendären Stücken von Mauricio Kagel oder Hans-Joachim Hespos auf. Auf der offiziösen Compilation »Zeitgenössische Musik in der Bundesrepublik Deutschland« ist er als Bandleader gleichberechtigt neben Komponisten wie Hans Werner Henze oder Dieter Schnebel zu hören.

 

Und es geht wieder: In den letzten Jahren hat der in Berlin lebende Schweizer Komponist und Schlagzeuger Michael Wertmüller Peter Brötzmann einige Stücke auf den Leib geschrieben. Wertmüller ist bekannt für extrem feingliedrige Kompositionen, deren Strukturen er immer weiter verschränkt und verdichtet, bis wir seine Musik als wuchtig und geradezu luftabschnürend erleben. Dass er einige dieser Stücke rund um Brötzmanns explosives, sehr forderndes Saxofonspiel herum baut, passt — und passt auch wieder nicht. Eine höchst inspirierende, an sich schon wieder explosive Konfrontation.

 

Die vielleicht am besten umgesetzt oder besser: begleitet wird von der Kölner musikFabrik, jenem Ensemble, das immer wieder daran erinnert, dass der Weg der Neuen Musik nicht gerade, sondern krumm, im Kreis, verwinkelt, schräg verläuft. In den letzten Jahren haben sie etwa Stücke von Sun Ra oder Marcus Schmickler interpretiert. In der musikFabrik wird vor allem Nonkonformismus produziert. Und damit wären wir wieder bei Brötzmann.

 


»musikFabrik im WDR — Konzert 49«, So 6.4., 20 Uhr, Funkhaus am Wallrafplatz, Einführung: 19.30 Uhr
Programm: Michael Wertmüller, »anta­gonisme contrôlé (2014) für Saxophon, Schlagzeug, E-Bass und Ensemble«;
Evan Johnson, »Die Bewegung der Augen (2011/12, rev. 2014)«;
Rebecca Saunders, »Neues Werk (2011–13) für Trompete, Oboe, Schlagzeug und Klavier«;
Alle Stücke sind Uraufführungen.