Shakespeare Alaaf

Mit dem Kaufmann von Venedig spendiert Stefan Bachmann den Kölnern eine Runde Klamauk

Regisseur Stefan Bachmann schenkt Antonio, dem Kaufmann von Venedig, zwei Texte zu Beginn und am Ende dieses Abends, die nicht in Shakespeares Stück stehen. Beides sind berühmte Sonette des Dramatikers.

 

Viele seiner Sonette gelten mittlerweile als Texte über homosexuelle Liebe. Der Theaterhistoriker und Publizist Ivan Nagel hat viele davon allerdings als Liebesgedichte Antonios an seinen Freund Bassanio beschrieben, die Shakespeare aus dem »Kaufmann« ausgelagert habe. Bachmann übernimmt diese Lesart. Doch schlägt er nicht wirklich Kapital daraus.

 

Vielmehr weidet sich der Kölner Schauspiel-Intendant an den Romantic-Comedy-Anteilen der Vorlage. Eine Liveband spielt Sonette wie Musical-Hits und es regnet bunte Konfetti. Liebestoll jagt Bassiano seine Braut Porzia über eine vierzig Meter lange Steg-Bühne, Lorenzo seine Geliebte, die Tochter Shylocks. Bachmann gerät das alles gut. Am Ende verlässt der Zuschauer beschwingt und gut gelaunt das Theater. Aber die Inszenierung ist kein großer Wurf – nichts überrascht. Eine starke Lesart des Stücks ist nicht auszumachen. Sieht man von der Betonung Antonios schwuler Liebe ab, die aber in der Fülle der anderen Geschichten, mit denen Shakespeare das Stück überfrachtet hat, nicht heraussticht. Ausnehmend stark funktioniert der dunkle Shylock-Plot — vor allem weil Bruno Cathomas ihn hervorragend spielt. Er tritt in schwarzem Kaftan mit schwarzem Hut dezent traditionell jüdisch gekleidet auf. Shakespeare hat in dieser Figur alle Ingredienzien untergebracht, die das Bild des Juden im elisabethanischen Zeitalter bereithielt, antisemitische eingeschlossen. Bachmann setzt hier nicht überbetont kritisch an. Er überlässt es Cathomas, die Figur auszufüllen, wie Shakespeare sie vorgegeben hat.

 

Also verlangt Shylock das berühmte Pfand aus seinem Schuldschein: ein »Pfund Fleisch« aus Antonios Körper. Dann hält er seinen gleichfalls berühmten Monolog, »Wenn ihr uns stecht, bluten wir nicht?«, in dem er seine Gegner, die Christen, um Empathie für sein geschundenes und seit Jahrhunderten stigmatisiertes Volk bittet. Cathomas findet für beide Seiten Shylocks den richtigen Ton: mal penibel berechnend oder geifernd »Rache!« brüllend, mal leise und mitleidserregend.

 

Stefan Bachmann mag sich ein wenig zu sehr in die romantische Liebeskomödie im »Kaufmann« verguckt haben. Beim Premierenabend haben die Kölner es ihrem Intendanten gedankt. Es war ja auch kurz vor Karneval!

 


»Der Kaufmann von Venedig«,
A: W. Shakespeare, R: Stefan Bachmann;
27.3., 11., 13., 25., 27.4. (19.30 Uhr),
1., 29.4. (18.45 Uhr), Depot 1