Gegen den Strich gekämmt

Was macht der Künstlernachwuchs?

Ein Blick auf die New Positions der 48. Art Cologne

Künstler, die eine der begehrten Förderkojen der Art Cologne erhalten, werden vom Messebesucher traditionell mit besonderer Aufmerksamkeit beäugt. Nicht nur, dass das seit 1980 bestehende Programm New Positions — vorher New Talents benannt — schon einer bis dahin noch eher unbekannten Rosemarie Trockel oder den Newcomern Neo Rauch und Thomas Schütte den ersten Messeauftritt ermöglichte. Die Künstlerstände fallen auch durch kreativere Hängungen, raumgreifende Installationen und Werke mit politischen oder gesellschaftlichen Fragestellungen erfrischend aus dem Schema der meisten Galeriestände.

 

Vor allem sind die ausgewählten Künstlerinnen und Künstler ein wichtiges Stimmungsbarometer des Kunstmarktes: Mit welchen Medien und Fragestellungen befassen sich Künstler aktuell? Wo leben sie und welche Akademien haben sie besucht? Von welchen Galerien werden sie vertreten? 2014 fallen vor allem zwei Trends ins Auge: Malerei, die man nicht sofort als solche erkennt. Und: Düsseldorf.

 

In diesem Jahr freuen sich zwanzig Künstler über ihren Stand auf Deutschlands wichtigster Kunstmesse und konkurrieren um den mit 10.000 Euro dotierten »Art Award for New Positions«. Sie kommen aus London, New York, Kiew, Auckland oder leben und arbeiten in Deutschland. In Köln ist keiner von ihnen ansässig — eine Nachricht, die, könnte man meinen, so nebensächlich ist wie die Information über die Anzahl der deutschen Passagiere in einem abgestürzten Flugzeug. Die Tatsache jedoch, dass sechs Künstler der New Positions in Düsseldorf leben, arbeiten oder studiert haben, lässt aufhorchen. Die traditionell vor allem mit Malerei assoziierte Kunstakademie behauptet wieder einmal ihren Ruf als Talentschmiede. Auffallend ist auch, dass die ausgewählten Künstler mit ihrem Medium spielen, es mit Experimenten nicht nur an seine zweidimensionalen Grenzen bringen, sondern auch in den Bildinhalten irgendwo zwischen abstrakt und figurativ liegen.

 

Eine dieser neuen Positionen vertritt Tobias Hantmann. Der 1976 in Kempten geborene Künstler, der bei Jan Dibbets an der Kunstakademie in Düsseldorf studierte und von der österreichischen Galerie Bernd Kugler vertreten wird, nutzt als Maluntergrund nicht die Leinwand, sondern aufgespannte Veloursteppiche oder die Unterseiten von Edelstahltöpfen. Dem Schliff von Töpfen, die im Licht eine besondere Spiegelung zeigen, verpasst er seine eigene, statischere Version dieses Schattenspiels. Irritation auch bei den Teppichen, die er bemalt, in dem er sie gegen den Strich kämmt. Mit einer Handbewegung wären die Motive — Stillleben, menschliche Darstellungen, geometrische Formen — wieder verschwunden. Sein Interesse an solchen flüchtigen Übergängen zeigt er auch bei den New Positions: Er präsentiert mit Ölfarbe bemalte Objekte aus Edelstahl und bemalte Tintenstrahldrucke auf Papier, allesamt aus diesem Jahr.

 

Auch Paul Czerlitzki, geboren 1986 in Danzig, hat in Düsseldorf studiert, ist Meisterschüler von Katharina Grosse und wird auf der Messe von der Pariser Galerie Laurent Godin vertreten. Zwar sind seine Gemälde klassisch zweidimensional, aber sein konzeptuelles Interesse an diesem Medium geht so weit, dass er dessen materielle Bestandteile — Keilrahmen, Leinwand, Grundierung und Farbe — mittels Faltungen, Zerlegungen und anderer künstlerischer Gesten in Beziehung zum Raum setzt. Mal  fotografiert er Leinwände um die Fotos collagiert und appliziert dann wieder auf der Leinwand anzubringen, so dass eine seltsame Textur entsteht. Mal ist seine Malerei so im Raum positioniert, dass sie wie ein Objekt anmutet.

 

Es ist keine Überraschung, dass bei mehr als der Hälfte der ausgewählten Positionen die Malerei auch im Förderbereich wieder einen großen Stellenwert auf dem Kunstmarkt hat. Nach wie vor ist das Medium, im Gegensatz etwa zur Videokunst, der größere Garant für den Verkauf. Es fällt aber auf, dass Künstler mit ihrem Medium verstärkt unkonventionelle Wege gehen und die Nähe zur Installation oder zur Skulptur suchen. Die diesjährige Auswahl zeigt, dass die Kunstakademie Düsseldorf diese erfreuliche Entwicklung entscheidend prägt. Und wer wissen möchte, was im Bereich der neueren künstlerischen Medien passiert — der kommt, wie gewohnt, beim großen Messestand der Kölner Kunsthochschule für Medien (KHM) ebenfalls nicht zu kurz.

 


Förderprogramm New Positions auf der 48. Art Cologne
Messegelände Deutz, Halle 11, 10. bis 13.4., Do-Sa 12-20, So 12-18 Uhr.
Die Förderkojen sind im Hallenplan farbig markiert.
Am Sa, 12.4. wird der Gewinner des New Position-Preis bekannt gegeben.