Was entscheidet der Rat?

Man kann fast die Uhr danach stellen. Wird im Rat der Stadt ein komplexes Thema diskutiert, kommt irgendwann folgender Einwand: »Das ist in Düsseldorf so festgelegt worden«. Der Einwand ist berechtigt: Der Rat der Stadt Köln kann selbst keine Gesetze erlassen, sondern lediglich Satzungen. Die sind an die Gesetze gebunden, die im Landtag oder im Bundestag erlassen werden.

 

Wenn die Stadt beispielsweise eine neue Schule bauen möchte, muss sie sich dabei an die Vorgaben des Landesschulgesetzes sowie diverser Bauverodnungen richten: Klassenstärke, Rollstuhlrampe, Anzahl der Lehrer  — das wird alles nicht in Köln geregelt. Die Stadt ist also Bauherr, aber wie sie baut, und ob es eine inklusive Schule ist oder nicht, liegt nicht in ihrer Hand. Dies betrifft viele Bereiche — von der Tarif-Bezahlung der städtischen Angestellten bis hin zu den Quoren bei der Bürgerbeteiligung.

 

Aber damit ist es nicht getan. Gleichzeitig legt das Land fest, welche Aufgaben eine Stadt erfüllen muss und welche sie lediglich erfüllen kann. Zu den ersteren gehören Kindergärten, Straßen, Müllbeseitigung oder die Zahlung von Wohngeld. Zu den letzteren zählt das, worüber im Rat immer wieder gestritten wird. Denn Köln muss zwar Straßen bauen, aber nicht dafür sorgen, dass es auch ein Schwimmbad, ein neues Schauspielhaus oder gar eine Freie Szene und Bürgerhäuser gibt. Gerade diese »freiwilligen Aufgaben« sind es, die schnell zum Gegenstand politischer Debatten werden, weil man hier am unkompliziertesten Mittel kürzen kann. Gegen die Sparpläne im aktuellen Haushalt protestierten dann auch in erster Linie Bildungeinrichtungen und nicht etwa die Empfänger von Wohngeld, weil letztere Leistung nicht von der Stadt beschlossen, sondern nur durchgeführt wird. Kein Wunder, dass der Anteil der »freiwilligen Aufgaben« am Kölner Haushalt in den letzten Jahren gesunken ist. Das ist gemeint, wenn man sagt: »Der Spielraum der Städte ist kleiner geworden.«

 

Auf der anderen Seite ist eine politische Einflussnahme selbst dort möglich, wo sie nicht unbedingt vorgesehen ist. Offiziell ist dafür der Städtebund zuständig, in dem die kreisfreien Städte wie Köln oder Essen organisiert sind. Er konnte durch die Androhung einer Klage erreichen, dass das Land — Schulgesetze sind Landessache — einen Teil der Kosten des inklusiven Unterrichts übernimmt. Aber manchmal hilft auch parteienpolitische Klüngelei. Die Stadt Köln hatte eigentlich wenig Einfluss auf die Entscheidung über den Standort der Landesbehörde. Aber die beiden SPDler Martin Börschel und Jochen Ott konnten auf die immer noch rot besetzte Landesverwaltung einwirken, so dass die Entscheidung nicht allein in Düsseldorf gefällt wurde.    

 

Und natürlich kann auch das Engagement von Bürgern Einfluss haben, nicht nur auf der Landesebene, sondern auf der der EU. Als im Spätherbst 2012 die EU die Vergabe für die kommunale Wasserversorgung in einer Art und Weise neu regeln wollte, dass eine Privatisierung die wahrscheinliche Folge gewesen wäre, rief ein breites Bündnis aus Gewerkschaften, NGOs, Parteien und — ja! — Wasserversorgern zum Protest auf. Mit Erfolg. In der Neufassung der EU-Vergaberichtlinie, die im März veröffentlicht wurde, ist die entsprechende Passage nicht mehr vorhanden.