Heim & Welt

Pfrrrt stoppt Hartnäckigkeitstendenzen

 

Die Geschichte der Menschheit ist schnell erzählt: Steinzeit total langweilig, das Mittelalter dunkel und stinkig, und dann begann auf der Zeitleiste ja auch schon bald die Hauptversammlung des Clubs der Vollidioten: das 20. Jahrhundert. Wer da nostalgisch würde, muss schon einen beträchtlichen Ratsch am Kappes haben. Und dennoch: Früher war nicht alles besser, aber manches schon. Zum Beispiel, dass die Spülmaschine noch nicht erfunden war.

 

Ich bin der letzte mir bekannte Mensch, der keine Spülmaschine besitzt, keine besitzen will und ihr zudem noch nicht mal einen Nutzen bescheinigen mag. Ebenso gut könnte man sich eine Heißmangel oder eine Hebebühne in die Wohnung stellen.

im Gewerbepark einer Umlandgemeinde circa 1996. Niemand kann das wollen. 
der Bequemlichkeit, zu Maschinenhallen umzubauen. Mampf, klimper. Klimper, mampf. Geschirr und Besteck werden benutzt. Prompt kleben hartnäckige Speisereste daran, und mit jedem Augenblick werden sie hartnäckiger. Es ist daher dringend geboten, diesen Verhartnäckigungstendenzen zu einem gebotenen Zeitpunkt entschieden entgegenzutreten. Hier mein Tipp vom Fachmann: Lassen Sie nach der Mahlzeit heißes Wasser in ein Spülbecken einlaufen und geben sie — pfrrrt, pfrrrt — etwas Spülmittel hinzu. Alles was Sie dafür können müssen, ist etwas Geduld aufzubringen, um mit dem Pfrrrt-pfrrrt zu warten. Sonst gleicht die Spüle einer Schaumparty-Disco. Wenn man sich also mit dem Pfrrrt-pfrrrt zurückhält (Dosierhinweis beachten!), steht einem effizienten Heißwasserreinigungsprozess nichts mehr im Wege. Sicher, man sollte gründlich spülen. Also auch mal die Griffe der Töpfe und nicht nur den Knies innendrin abschubbern. Aber selbst wer hier schludert, erzielt immer noch Ergebnisse, die Besitzer einer handelsübliche Spülmaschine sehr beschämen werden. 

 

Wer nicht täglich eine Delegation heißhungriger Sumo-Ringer zu bewirten hat, kann auf eine Spülmaschine gut verzichten. Sie stünde lediglich sinnlos in der Küchenzeile herum. Nur mit Mühe finden sich dann ein Teelöffel und zwei Wassergläser, die man reinstellen kann. Dann wartet man. Keine Sumo-Ringer in Sicht. Verdammt. Ah, da! Ein Kaffeeservice. Ach, blöd: nicht »spülmaschinenfest«. Hm, aber ab und an kommt doch was hinzu. Ich kenne Leute, die stellen Joghurtgläser oder Computertastaturen rein, um den Leerstand zu verschleiern. Doch unterdessen werden die ohnehin hartnäckigen Speisereste alsbald so dunkel und stinkig wie das Mittelalter. Dagegen kommt keine Spülmaschine an. Also schrubbt man doch selbst daran herum. Wisse: Eine Spülmaschine dient nicht der Reinigung, sie ist ein Zwischenlager. Eines, das einen unguten Geruch verströmt. 

 

Man kann die Spülmaschine am Anfang einer Entwicklung sehen, den Haushalt mittels großgewerblicher Geräte zur Fabrikationshalle aufzurüsten. Wohnzimmer werden wie Kinosäle gestaltet, Kinderzimmer wie Vergnügungsparks, und wo früher gekocht wurde, wähnt man sich heute in einer Großküche. 

 

Niemand, der vor diesem Wahnsinn warnte. Stattdessen ist es gang und gäbe, sich über die Besitzer elektrischer Dosenöffner lustig zu machen. Dabei ist diese Erfindung sehr nützlich. Jedes Öffnen einer Ravioli-Dose wird damit zum Ereignis, es ist als öffne man den Tresor eines historischen Schiffwracks. Wer eine Spülmaschine aufklappt, dem offenbart sich nur Enttäuschung. Bestenfalls ist der Kram gespült, aber noch nass. Oder ihm schlägt ein Muff entgegen, als habe er eine altägyptische Grabkammer geöffnet. Und wie dort mag dieser Geruch der Odem eines Fluches sein: In diesem Fall von jenem, unsere Wohnungen, bedrängt vom Dämon.