»Hier ist Kunst keine elitäre Geschichte«

Astrid Bardenheuer übernimmt die Leitung der Artothek

Seit 1973 bietet die Artothek die Möglichkeit, gegen eine wirklich schlappe Gebühr, derzeit beträgt sie sechs Euro, Kunstwerke für zehn Wochen mit nach Hause zu nehmen. Der Bestand umfasst heute 1407 Arbeiten von Kölner und internationalen Künstlern, die 2013 rund 1600 mal ausgeliehen wurden. Jedes Jahr werden aus dem städtischen Etat von 6000 Euro neue Werke junger Kunst angekauft. Außerdem ist die Artothek einer der wichtigsten Kölner Ausstellungsorte für aktuelle Kunst. Die Räume befinden sich im eleganten Haus Saaleck aus dem 15. Jahrhundert in direkter Nähe zum Museum Ludwig. 

 

Frau Bardenheuer, heute ist Ihr zweiter Arbeitstag im neuen Job. Worauf freuen Sie sich?

 

Schon jetzt ist es schön zu sehen, dass die Artothek viele Unterstützer hat. Das zeigt, dass viele Menschen in Köln hinter dem Prinzip Artothek stehen. Ich halte es für eine sehr gute Idee, Kunst zu verleihen und damit die Schwelle zum Umgang mit Kunst herabzusetzen. Hier ist Kunst nicht so eine elitäre Geschichte. Das ist für mich das Faszinierende an der Idee, und in diese Richtung möchte ich die Artothek weiter vorantreiben. 

 

Ihre Vorgängerin Christiane Dinges hat über Jahrzehnte den Ort und das Programm geprägt. Was werden Sie anders machen?

 

Ich werde meinen Fokus insbesondere auf die Öffentlichkeitsarbeit richten — gerade was die Darstellung der Sammlung nach außen betrifft. Das ist bisher noch sehr klassisch mit Diakästen gelöst. Ein erster Schritt in Richtung Digitalisierung ist gemacht: Der gesamte Bestand wurde in Zusammenarbeit mit dem rheinischen Bildarchiv aufgenommen und ist unter »Kulturelles Erbe Köln« online abrufbar. Ich möchte, dass die Sammlung noch zugänglicher und sichtbarer wird.

 

Welche Hürden sehen Sie?

 

Frau Dinges hat die Artothek in ihren fast vierzig Dienstjahren zu dem gemacht, was sie ist. Das ist schon eine irre Arbeit. Ich erlebe die Artothek als eine tolle Einrichtung, ein Juwel — aber der liegt noch etwas im Versteckten. Ich möchte ihn mehr ans Licht holen, indem ich mehr Menschen hier hereinhole. Die Schwierigkeit liegt darin, Nutzer zu finden, die kontinuierlich kommen. Denn getragen wird die Idee der Artothek von denen, die regelmäßig Werke ausleihen.

 

Was könnte denn ein Hindernis sein, sich ein Kunstwerk auszuleihen?

 

Jedenfalls nicht die Ausleihgebühr! Ich glaube eher, dass es eine Unsicherheit gibt, selber mit Kunst umzugehen. Da schwingt immer die Frage mit: Was verrät das über mich und meinen Geschmack? Habe ich überhaupt Ahnung davon? Es kommt immer darauf an, wie und wann man an Kunst herangeführt wird. Hier möchte ich die Artothek weiter in alle Richtungen öffnen: Es soll jeder willkommen sein, der sich dafür interessiert.

 

Das heißt, Sie haben auch die Rolle der Beraterin?

 

Ja, Beraterin insofern, als dass ich versuche, die Tür ein Stückchen weiter zu öffnen. Wer Hilfe braucht, dem stehe ich zur Verfügung. Ich könnte mir zum Beispiel vorstellen, die Ämter der Stadt, die Verwaltungseinrichtungen oder auch Firmen zu beraten. Es gibt ja überall Konferenzräume, von denen viele gar nicht mit Kunst ausgestattet sind. Hier könnte man gemeinsam Konzepte für eine Hängung entwickeln und für einen regelmäßigen Wechsel sorgen. So machen wir auf die Artothek aufmerksam und die Räume werden aufgewertet.

 

Als Ausstellungsraum trägt die Artothek den Zusatz »Raum für junge Kunst« im Namen. Was ist damit genau gemeint?

 

Das meint nicht unbedingt Raum für junge Künstler. Es geht eher darum, dass Kunst gezeigt wird, die sich noch entwickelt. Was ich an junger Kunst spannend finde ist das Gefühl »da sucht jemand, er ist noch nicht angekommen«. Das erlebt man auch bei älteren Künstlern. Natürlich werden sich auch weiterhin in der Hauptsache junge Künstler bewerben, das ist auch richtig so, die Artothek ist in gewisser Weise ein Karrierespringbrett für jüngere Künstler. Aber man muss nicht unter 35 Jahren sein, um sich zu bewerben. Ich finde es gut, wenn es einen Raum gibt, in dem Experimente möglich und erwünscht sind.

 

Haben Sie sich in letzter Zeit auch mal ein Bild ausgeliehen?

 

Ja, ich habe selbst einen regen Austausch zu Hause. Aus der Artothek habe ich mir von James Rosenquist einen Druck aufgehängt. Im Museum Ludwig war ja lange die große Rauminstallation »Horse Blinders« zu sehen, die letztes Jahr abgebaut wurde. Der Druck erinnert mich daran.