Ketchup oder Mayonnaise? »Propaganda« von Dominik Breuer

nö-theater und Brachland-Ensemble fragen nach der Propaganda in den Medien

Zwei der spannendsten Theatergruppen in Köln, das nö-theater und das Brachland-Ensemble, haben sich für das Projekt »Propaganda« zusammengeschlossen. Die Performer inszenieren keinen literarischen Stoff, sondern ihr Recherchematerial über Manipulation in den Medien. Gleich am Eingang werden die Zuschauer in zwei Lager eingeteilt: Kaffee oder Bier? Ketchup oder Mayonnaise?

 

Mit Gruppenfähnchen in der Hand geht es für die einen in ein von der Bühne separiertes Kinderzimmer. Schon jubeln uns aus dem riesigen Flatscreen die Massen entgegen. Rechts und links von einem kleinen Jungen, der in der Mitte des Raumes stoisch auf lauter Sofakissen thront, nehmen wir Platz und starren mit ihm gebannt auf den Bildschirm. Wir sehen: Die Show mit Captain Ten-Tö, ein maskierter Mega-Patriot in schäbigem Heldenkostüm, der den »wahren« Life-Style skandiert: »Pro Oben«. Aus dem Fernseher brüllt er, es gelte sich gegen die Flut von »Unten« zu schützen. Es kommt als witziges Trashformat daher, aber die Originale entspringen tatsächlich der Fernsehwelt. Zu sehen im Abspann der Show. Man staunt, von der Tagesschau über Online-Rollenspiele bis zur Kindersendung im ZDF ist alles drin. Regisseur Dominik Breuer hat kleinteilig die Manipulationsmechanismen der Medien skelettiert.

 

Hirngewaschen geht es dann nach »Unten«, die andere Gruppe wechselt nach »Oben«. Im Gewölbekeller der Orangerie begegnen uns Figuren aus dem ersten Weltkrieg, szenisch dargestellt von den Schauspielern Josephine Gey, Till Klein und Orestes Fiedler. Sie verlesenen Zeitdokumente, Feldpostbriefe von gefallenen Soldaten, Tagebucheinträge von der Front. Was den Beigeschmack von Trockenfutter hat, hübscht Regisseur Janosch Roloff mit einem Kniff auf. Die Schauspieler verhandeln ihre Rollen: Wer spielt Oma, Opa und wer den Enkel? Statt der Behauptung einer Wahrheit, stellt das Ensemble Fragen einer nachgekommenen Generation an ihre Vorgänger in den Raum.

 

Den Zuschauern wird vorgeführt, wie schmerzvoll kollektives Verdrängen sein kann und wie gefährlich. Von »Oben« dröhnt chorisches Geschrei durch die Decke: Ten-Tö, Ten-Tö jubelt die andere Gruppe begeistert. Eindrucksvoll werden die Erfahrungen der Vergangenheit mit der Gegenwart verzahnt. Mehr solcher gelungenen Momente hätte man sich gewünscht. Sie zeigen, wie wenig wir auch heute vermögen, die Propaganda in den Medien auszumachen.