Stefan Aust / Dirk Laabs »Heimatschutz«

 Mit der Frage nach dem Charakter der Verstrickung von deutschem Staat und NSU kann man selbst den harmonischsten linken Stammtisch sprengen. Deshalb gleich vorweg: Auch in »Heimatschutz« wird man den Beweis, dass der NSU ein vom Staat wissentlich toleriertes oder gar gelenktes Mordkommando sei, nicht finden. Die Aktenlage lässt es nicht zu. Immer wieder müssen Stefan Aust und Dirk Laabs auf die Schredderaktionen von Behörden verweisen, wenn sich in ihrer Darstellung Lücken auftun. Dabei rekonstruieren Aust und Laabs das Geflecht zwischen den verschiedenen Behörden und dem NSU-Umfeld seit der Nachwendezeit so akribisch wie möglich, auch wenn sie ihre Quellen sorgfältiger dokumentieren könnten. »Heimatschutz« zeichnet nicht das Bild eines Staates, der »auf dem rechten Auge blind« war, sondern eines Staates, dessen Bedienstete aufgrund von Unfähigkeit, Ignoranz, Eitelkeit, Karrierismus und bewusster Desinformation ihre Informationen über den NSU geheimgehalten haben. Damit hält das Buch eine viel erschreckendere Erkenntnis bereit: Für eine rassistische Mordserie und ihre Nichtaufklärung ist in Deutschland offenbar nicht mal ein staatlicher Masterplan nötig.

 

 

Pantheon, 864 S., 22,99 Euro