Jonathan Lethem »Der Garten der Dissidenten«

Das Problem ist nicht die marginale Existenz von Kommunisten in den USA, das Problem ist, dass sie in keiner geschichtsmächtigen Erzählung vorkommen: Der amerikanische Linke hat Bürgerrechtler und demokratischliberal zu sein - mehr ist nicht drin. Mit diesem (Selbst-)Betrug bricht Jonathan Lethem, indem er nicht nur mit großer Selbstverständlichkeit von einer kommunistischen Familie erzählt, sondern der Patronin der Familie - Mutter und Großmutter und lupenreine Erzkommunistin Rose Zimmer - die ganze Ambivalenz der detailverliebten Aufmerksamkeit schenkt. Mit Lethem taucht man ein in den linken Kosmos New Yorks, der, bedenkt man die atemberaubenden Wirrungen der Familie zwischen gescheiterter Spionage, New-Age-Spinnertum und neoanarchistischen Occupy-Protesten, alles andere als stabil ist. Lethem hat keinen realistisch-historischen Roman geschrieben. Das kann man wirklich bedauern, Talent und den langen Atem für dieses altehrwürdige Genre hätte er. So stehen die Figurenporträts im Vordergrund: widersprüchlich, andeutungsreich, lebenssatt. Und dahinter verschwindet dann auch das Kommunisten-Dasein. Man verkraftet es.

 

 

Klett Cotta 2014, 476 S., 24,95 Euro