Der vergessene ­Diamant

Eine Skulptur des Lichtkünstlers Otto Piene könnte Köln erstrahlen lassen

Köln braucht manches Mal erst einen traurigen Anlass, um sich seiner kulturellen Schätze zu besinnen. Otto Piene, der Künstler, der gemeinsam mit der Düsseldorfer Gruppe ZERO der deutschen Nachkriegskunst mit Bewegung und Licht zu Leichtigkeit verhalf, starb am 17. Juli 86-jährig in Berlin.

 

Doch während Piene gerade in Berlin mit einer großen Retrospektive seiner Rauchgemälde, Feuerbilder, Lichtinstallationen und aufblasbaren Himmelsskulpturen geehrt wird, ist eine Plastik, die er für Köln geschaffen hat, in Vergessenheit geraten. Dabei könnte sie, mitten auf der größten Einkaufsstraße der Stadt gelegen, selbst bei schrillsten Auslagen und besten Sonderangeboten der Hingucker sein. Würde sie funktionieren.

 

Denn die Fassade, die Piene 1966 im Auftrag des Modehauses Wormland auf der Hohe Straße 124 in ein kinetisches Relief verwandelte, besteht aus lauter diamantförmigen Facetten polierten Stahls, die nicht nur die Sonne reflektieren, sondern auch von silbernen Kugelobjekten, ursprünglich mit elektronisch gesteuerten Lichtquellen ausgestattet, angestrahlt wurden. Die Lichter, die zum Teil direkt auf die glänzende Fläche, zum Teil parallel zu ihr ausgerichtet waren und ein Lichtrad, das sich mit unterschiedlich großen Rädern um eine gemeinsame Achse drehte, haben das Haus einst so zum Funkeln gebracht, dass man es schon von weitem bestaunen konnte.

 

Doch seit vielen Jahren steht die Installation still, die Fassade im Dunkeln und auch viele kunstinteressierte Kölner wissen nicht einmal, dass es sich hierbei um ein Werk Pienes handelt. Kein Wunder, denn es gibt weder eine Plakette noch eine Infotafel, die auf den Künstler hinweist, der weltweit mit Preisen ausgezeichnet wurde und 1972 mit Lichtkunst die Olympiade gestaltete.

 

Dies soll jetzt anders werden, hofft Jens Herrmann vom KulturRaum Altstadt, der sich seit einigen Monaten mit der Wiederbelebung der Plastik befasst. Ein Verfahren zur Unterschutzstellung des Wormland Hauses wurde bereits eingeleitet, erzählt er. Doch es fehlt an finanzieller Unterstützung, um die Installation wieder zum Laufen zu bringen. »Momentan wissen wir nicht, in welchem Zustand die Elektrik ist und wie zum Beispiel die Umstellung auf Energiesparlampen möglich ist. Es bräuchte erst einmal eine Machbarkeitsstudie.«. Hier hofft man auch auf die Stiftung, die der Kunstbegeisterte Theo Wormland 1982 einrichtete. Noch größer ist die Hoffnung, dass der Erhalt des Werkes auch den Kölner Bürgern ein Anliegen ist — damit ein bedeutendes Werk der Lichtkunst Teil des Stadtgedächtnis wird.