Köchelnde Spannung

LeCarré-Verfilmung: »A Most Wanted Man« von Anton Corbijn

Seit mehr als fünfzig Jahren schreibt der ehemalige Geheimdienstmann John LeCarré Spionage-Romane. Ihm ist es gelungen, das Genre aus der Ära des Kalten Krieges in die unübersichtlicheren politischen Gefilde des 21. Jahrhunderts zu überführen. In seinem 2008 erschienen »A Most Wanted Man« (»Marionetten«) zeichnet LeCarré ein präzises Bild der politischen Klimaveränderung in der Zeit nach 9/11.

 

Der Roman nimmt ebenso Bezug auf die Vorgänge um die Hamburger Terrorzelle als auch auf das Schicksal von Murat Kurnaz, der fünf Jahre unschuldig in Guantánamo inhaftiert war. Nun bringt Anton Corbijn (»Control«) den Stoff auf die Kinoleinwand; der kürzlich verstorbene Philip Seymour Hoffman spielt in »A Most Wanted Man« den Leiter einer deutschen Antiterroreinheit. Bachmann und sein Team spionieren die islamistische Szene Hamburgs aus, um an die Finanziers der Terrornetzwerke heranzukommen.

 

Als der russisch-tschetschenische Flüchtling Issa Karpov über die Türkei illegal nach Hamburg gelangt, gehen bei den deutschen und amerikanischen Geheimdiensten die Alarmglocken an. Der Migrant will in Hamburg ein millionenschweres Erbe auslösen. BND wie CIA wollen den Mann hinter Schloss und Riegel bringen. Bachmann hingegen will Karpov als Lockvogel für einen mutmaßlichen Geldwäscher benutzen.

 

Wie LeCarrés Roman lebt auch Corbijns Kinoversion mehr von der langsam köchelnden Spannung als von spektakulärer Action. Hoffmann ist ideal besetzt als Whisky trinkender und ketterauchender Spionage-Meister, dessen hervorragendes Analysevermögen in Kontrast zu seiner schlechten körperlichen Verfassung steht. Natürlich kommt man nicht umhin, bei diesem späten Auftritt Hoffmanns das tragische Ende dieses großartigen Mimen mitzudenken. Die Besetzung wird durch internationale Stars wie Robin Wright, Willem Dafoe und Rachel McAdams ergänzt — sowie durch einige deutsche Schauspieler wie Nina Hoss und Daniel Brühl, die vom Drehbuch jedoch unterfordert bleiben.

 

Einen guten Blick entwickelt Corbijn hingegen für die Kulisse Hamburg, die der gelernte Fotograf in stimmungsvollen Bildern einfängt. Wie in seinem vorherigen Film »The American« bestimmt in »A Most Wanted Man« Reserviertheit die Erzählhaltung. Sie erstarrt hier jedoch nicht zur Pose, sondern fügt sich bestens ein in die untergründige Spannung der Geschichte und bitteren Analyse, dass im Kampf gegen den Terror die demokratischen Grundsätze verloren gehen.