Hier liest die Verlegerin noch selbst: Tintentrinkerin Julie Cazier | Foto: Manfred Wegener

Ur-Katastrophe als Debüt

Ein neuer Verlag aus der Südstadt ist spezialisiert auf deutsch-französische Projekte

2014 ist das Gedenkjahr der »Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts« — unzählige Publikationen zum Ersten Weltkrieg sind in den letzten Monaten erschienen. Doch wie man Kindern und Jugendlichen das Thema nahebringt, ohne dabei den Zeigefinger zu erheben, dazu konnte man kaum etwas finden. Genau an diesem Punkt setzt das »Tagebuch 14/18« an, das als Graphic Novel vor kurzem im neu gegründeten Kölner Tintentrinker Verlag erschienen ist.

 

»Tagebuch 14/18« ist ein deutsch-französischer Comic, der die Geschichte des Ersten Weltkriegs aus der Sicht von vier Jugendlichen aus Deutschland und Frankreich erzählt. Als Grundlage dienen die authentischen Geschichten von Lucien, Nessi, René und Walter, die die Euphorie zu Kriegsbeginn erleben und die kommenden Ereignisse aus ihrer Sicht in eigenen Kriegstagebüchern und Memoiren schildern. Deutsch-französische Wege in die Geschichte zu zeigen, das war die Idee der Herausgeberin Julie Cazier, denn »jedes Land gedenkt auf seine ganz eigene Weise«, verankert ein und dasselbe historische Ereignis unterschiedlich im kollektiven Gedächtnis. Die Politologin hat sich lange Zeit mit dem zeithistorischen Material auseinandergesetzt und mit den Nachkommen der Zeitzeugen Kontakt aufgenommen. Das inhaltliche Konzept erarbeitete sie mit den Historikern Gerd Krumeich und Nicolas Baupré, in Comic-Form brachten es dann der deutsch-französische Zeichner Jörg Mailliet und der Drehbuchautor Alexander Hogh. Jörg Mailliet arbeitet mit ruhigen, klaren Zeichnungen, die gedämpften Farben vermitteln dem Leser die Stimmung unmittelbar, insbesondere die aufkommende Ohnmacht und Fassungslosigkeit im Fortgang der Geschichte.

 

Um ihr Herzensprojekt herauszubringen, gründete Cazier eigens einen Verlag. Und weil ihr Bruder in Paris bereits einen Kinderbuchverlag betreibt, war es naheliegend, einen deutschen »Schwesterverlag« einzurichten: »Tintentrinker« ist die Übersetzung des französischen Verlagsnamens »Le buveur d’encre«. Das »Tagebuch 14/18« konnte so zeitgleich in Deutschland und Frankreich erscheinen. Neben dem Graphic Novel hat der in der Südstadt ansässige Tintentrinker Verlag aber noch weitere Bücher im Programm. Es ist stark vom französischen Kinderbuchmarkt inspiriert — erfreulicherweise. Denn in Frankreich gibt es eine langjährige Tradition in der Zusammenarbeit von Kinderbuchverlagen mit Illustratoren und Grafikern, die sich in Deutschland erst seit wenigen Jahren etabliert.

 


Tagebuch 14/18, Tintentrinker Verlag 2014, 20 Euro, tintentrinker.de >