Verliebt ins Verliebtsein

Neueste deutsche Welle: »Kaptn Oskar« von Tom Lass

Anfangs kracht es richtig: manische Sounds, Berliner Hinterhof-Tristesse, eine zu allem entschlossene Frau, ein Benzinkanister — Feuer! Eine Wucht, an der es diesem zerbrechlich sanften Film im Folgenden fehlt. Wenige Schnitte später schon ist da nämlich Schluffi Oskar (Regisseur Tom Lass selbst), wie er sich unter der Decke einen runterholt. Neben ihm liegt Masha (Amelie Kiefer), für die das viel zu lange dauert: Ob sie ihm denn behilflich sein kön--ne? Geht nicht, jedenfalls nicht im Rahmen der »Abmachung«. Oskar und Masha schlafen zwar im selben Bett, aber nicht miteinander. Weil die Beziehung von Oskar mit Alex (Martina Schöne-Radunski), der Feuerteufelin, offensichtlich heftig war, weil Masha in sexuellen Beziehungen mit älteren Männern wenig persönliche Erfüllung gefunden hat. Kein Sex also, dafür Innigkeit.

 

So eine Abmachung kann schön sein, ob sie lange gut geht, ist die andere Frage. Tom Lass konzentriert sich in seinem handlichen, knapp 80 Minuten dauernden »Kaptn Oskar« in erster Linie aufs Schöne: auf den flüchtigen Zauber des frisch verliebten Hineinlebens in den Tag, auf das Miteinanderherumalbern, das Finden von gemeinsamen Ritualen und Redeweisen. »Kaptn Oskar« ist melancholisch verliebt ins Verliebtsein, im Wissen darum, dass die beiden im Grunde genommen nur eine Liaison auf Zeit eingehen. Vielleicht weil sie weniger ineinander verliebt sind als in den tröstlichen Moment. Und für diesen Moment sucht »Kaptn Oskar« erfreulich wenig postkartentaugliche Bilder.

 

Als sich das europäische Kino in den 60er Jahren modernisierte, zeigte eine Urszene Jean-Paul-Belmondo und Jean Seberg, wie sie mit wenig Klamotten nachmittags im Bett rumgammeln und quatschen. Lass’ sympathisch vernuschelter, freier Improv-Film schaut ebenfalls über weite Strecken dabei zu, wie Leute, die sich so erfrischend gar nicht über ihre Arbeit definieren, in billigen Buden miteinander im Bett liegen. Dass auch das BRD-Kino seine schönsten Momente immer dann hatte, wenn es um die in den Tag hineinlebenden Arbeitsverweigerer und Gammler geht, weiß auch Lass — und schließt daran ziemlich nahtlos an. Toll.

 

Erst Jakob Lass’ »Love Steaks«, nun »Kaptn Oskar« seines jüngeren Bruders. Im deutschen Indie-Kino regt sich was: mit Mut zur Fragilität, zum erzählerischen Leerlauf, zur unaufgeregten Überschaubarkeit definiert es sich jenseits der Töpfe der Filmförderung und des drückenden Alb des Themenkinos vorbei ganz einfach neu.