Ogoya Nengo

Vorbei — kollabiert. Ein universaler Pop-Maßstab existiert nicht mehr, was paradoxerweise Voraussetzung für eine tatsächlich globalisierte Popmusik ist. Vorbei also die Zeiten, in denen es das Schicksal vieler afrikanischer Musiker gewesen ist, sich »internationalen« Produktionsstandards anzupassen, um auf dem europäischen und nordamerikanischen Markt veröffentlichen zu können. Heute strengen sich etliche Labels und Produzenten an, die Pop- und Dance-floor-Stile, die traditionellen wie die postrockenden Musiken Afrikas unreglementiert zu dokumentieren. Wenn sich jemand anpasst, dann sind es die Musiker und DJs von hier, die ihre Songs und Sets mit ungewöhnlicher Polyrhythmik und Harmonik brechen. Im besten Fall wird dabei entdeckt, dass auch die afrikanischen Musiken nicht »authentisch« sind, sondern ein hybrider, im schönsten Sinne unreiner Mix. Das, was Sonny Boy Williamson für die Rolling Stones und Yardbirds war, ist Santana für Tinariwen.

 

Der Auftritt Ogoya Nengos in Köln — ihr erster — steht in dieser neuen Reihe: Die Sängerin aus Kenia ist in ihrer Heimat berühmt geworden als Virtuosin des Dodo-Gesangs. Das ist Musik radikal als Kommunikationsmittel eingesetzt, um alltägliche Erlebnisse und die Rituale der Jahreszeiten im Medium von Gesang und Rhythmus zu reflektieren. Volksmusik im wortwörtlichen Sinne, oder besser: Bauernpolyphonie.

 

In unseren Ohren klingt das nach einem minimalistischen Flirren und Summen, einer langsam sich auftürmenden Kaskade von Stimmen, getragen von einem weichen Teppich aus Rhythmen, Hände treffen auf Holz, Metall trifft auf Metall und dazu, und drumherum wiegen sich die Sängerinnen. Ein hypnotischer Sound, der uns nach wenigen Minuten schon vertraut vorkommt, in dieser Sprache scheint man schnell mitschwingen zu können.

 

Der Düsseldorfer Musiker Stefan Schneider (To Rococo Rot) hat Ogoya Nengos internationales Debüt coproduziert und umrahmt als DJ ihr Konzert. Das passt, weil Schneider und sein künstlerisches Umfeld seit Jahren dafür stehen, Techno, Postrock und afrikanische Musiken im Mix zu konzentrieren. Um Harmonieseligkeit geht es nicht, Brüche und Konfrontationen sind erwünscht. Es geht darum, den Raum für neue Hörerfahrungen zu öffnen. Wer sie zulässt, versteht auch die Geschichten Nengos.