Heute gelb, morgen grün: Großmarkt in Raderberg | Foto: Manfred Wegener

Stadtteil gesucht

Die Bürgerinitiative Büsie legt ihre Pläne für das Großmarktgelände vor

»Wir wollen ein gemischtes, lebendiges Viertel, verkehrsberuhigt und mit viel Grün«, sagt Ursula Grosse-Grollmann. Sie ist Sprecherin des Bürgernetzwerks südliche Innenstadterweiterung (Büsie), das sich anlässlich eines der größten städtischen Bauprojekte der nächsten Jahrzehnte gegründet hat. Wenn der Großmarkt im Jahr 2020 von Raderberg nach Marsdorf zieht, wird ein 100 Hektar großes Gebiet frei, auf dem ein ganzer Stadtteil neu entstehen soll. 1400 Wohnungen, Büros für 4000 Menschen, Betriebe, Kindergärten und Schulen sieht das Stadtentwicklungsamt im »Entwicklungskonzept südliche Innenstadterweiterung« (Esie) vor. Im Zuge dessen soll außerdem, wie im städtebaulichen Masterplan vorgesehen, der innere Grüngürtel von der Luxemburger Straße bis zum Rhein verlängert werden.

 

»Bei der Planung eines so großen Gebiets müssen die Anrainer einfach mit einbezogen werden, zumal die Großinvestoren bei der guten Lage schon mit den Hufen scharren«, findet Grosse-Grollmann. Inzwischen hat die Stadtverwaltung das Büro »Urban Catalyst« des Berliner Landschaftsarchitekten Klaus Overmeyer damit beauftragt, ein Bürgerbeteiligungsverfahren zu moderieren. Rechtzeitig vor einem ersten Treffen im Dezember haben die Mitglieder der Bürgernetzwerks ihr Positionspapier öffentlich gemacht. Darin fordern sie unter anderem eine vielfältige Mischung aus Wohn-, Gewerbe-, Bildungs-, Kultur- und Freizeiteinrichtungen.

 

»Eine Trennung von Gewerbe und Wohnen, wie die Stadt sie vorsieht, ist nicht mehr zeitgemäß«, sagt Grosse-Grollmann. Auch direkt an der Eisenbahnlinie sei es möglich, Wohnungen zu bauen, man brauche dort kein Gewerbe als Schallschutzschneise. »Unser Fokus liegt eindeutig auf Wohnraum, Gewerbe haben wir schon genug«, erklärt sie. Wenn Schulen und Kultureinrichtungen gebaut werden, sollten diese möglichst fürs ganze Viertel offen sein: »Wir müssen davon wegkommen, das streng nach Nutzergruppen zu trennen.«

 

Außerdem fordert Büsie festen Wohnraum für Flüchtlinge. Der innere Grüngürtel soll als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen werden und der Fußgänger- und Fahrradverkehr Vorrang haben. Im gesamten Quartier soll für Autos eine Höchstgeschwindigkeit von 30 Stundenkilometern gelten, außerdem empfiehlt man, Shared-Space-Konzepte in Betracht zu ziehen.

 

Da das Netzwerk nicht nur aus Einzelpersonen, sondern auch aus Vertretern vieler Vereine und Parteien besteht, war es nicht leicht, einen Konsens zu erzielen. »Manche hätten das Gebiet gerne komplett autofrei gehabt, anderen geht Tempo 30 schon zu weit«, berichtet Ursula Grosse-Grollmann. Doch es sei wichtig, nun Kompromisse gefunden zu haben, um der Stadt und dem Moderator mit konkreten Standpunkten entgegentreten zu können.

 

Apropos Moderator: Den hätte die Initiative eigentlich gerne mit ausgesucht. Überhaupt ist ihnen der von der Stadt bisher zugedachte Part beim Beteiligungsverfahren zu klein. Nur vier Tage sind für die Mitwirkung der Öffentlichkeit im gesamten Prozess angesetzt. Aber Grosse-Grollmann ist zuversichtlich: »Die Bürgerinitiative für das Heliosgelände musste sich auch erst alles erkämpfen. Nun sind wir dran, die Stadt mit zu erziehen.«

 

Text: Anne Meyer

 

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