»Ma-re Mount«

»Ma-re Mount« in der Galerie Buchholz

Zwei Wege führen in die Galerie Buchholz: Der offizielle durch einen nüchternen Flur und über einen kleinen Hof. Auf dem anderen passiert man eine Zeitschleuse, gelangt durch die Tür »Antiquariat Buchholz« in eine Papierwunderkammerwelt: Vitrinen und Schränke mit alten Grafiken, Grußkarten, Spielen, Glanzpapierpreziosen und Büchern über fast alles. Das Antiquariat ist väterliches Erbe, die Galerie, seit 1994 beheimatet in dessen ehemaligen Lagerräumen, gründete Daniel Buchholz bereits 1986. Sie gehört, heute zusammen geführt mit Christopher Müller, lange schon zu den auch international wichtigsten und einflussreichsten Galerien für zeitgenössische Kunst hierorts.

 


Beide Sphären, Geschichte und Gegenwart, verbindet die aktuelle Ausstellung virtuos. Der erste der beiden Schauräume bietet ein ­kühles Arrangement von lediglich vier Werken. Ein museal anmutendes Kabinett: Es kombiniert eine Bodenskulptur des Minimalart-Miterfinders Carl Andre und ein weich spiegelndes, dreieckiges Fotogramm von Liz Deschenes mit einer frischen Collage des Breitenkulturverarbeiters Richard Prince und einer Malerei von Rebecca Howe Quaytman, die strenge Geometrie mit der Darstellung eines alten Fächers verbindet. Dieses Quartett eint — jenseits aller Alters-, Werk- und Statusunterschiede — die gemeinsame Herkunft aus der Region Merrymount im amerikanischen Massachusetts, deren alter Name »Ma-re Mount« Titel der Ausstellung ist.

 


In der Manier eines älteren Heimatmuseums widmet sich der zweite Raum dieser Gegend Neuenglands, thematisiert teils ironisch, teils seriös Herkunft als Prägung. Zu sehen sind rare Dokumente, altes Bildmaterial, Familien­erbstücke, ein Stammbaum, charmanter Kleinkram, der Fächer aus dem Bild Quaytmans (das Arrangement enthält auch Stücke aus dem Antiquariat).

 


Dazwischen lesen wir Texte Ed Halters, sie handeln von den historischen Konflikten zwischen strengen Puritanern und einer undogmatischeren Einwanderergruppe. Wie ein fernes Echo dieser Konstellation mutet die Spannung zwischen modernistischer Reduktion und postmodernistischer Vermischung im zweiten Werkraum der Ausstellung an. Der Blick zurück kann auch einer nach vorne sein.