Ein bürokratisches Monster

Kölner StudentInnen klagen gegen Studiengebühren in NRW

Jetzt ist es durch: Wer lange studiert, muss bezahlen. Ab dem Sommersemester 2004 bittet die Landesregierung NRW LangzeitstudentInnen und solche, die sich im Zweitstudium befinden, zur Kasse. Doch so einfach finden sich die Studierenden mit den Hochschulgebühren nicht ab. Sie ziehen jetzt vor Gericht und klagen gegen das neue Hochschulgesetz.

Hans W. (Name von d. Red. geändert) hat im Januar die Zahlungsaufforderung für die anfallenden Studiengebühren bekommen. 650 Euro soll der angehende Medizinstudent künftig für jedes weitere Semester zusätzlich zum Semesterbeitrag bezahlen. Hans ist ein außergewöhnlicher Student. Er hat bereits ein abgeschlossenes Chemiestudium, das er in acht Semestern – also ein Semester unter Regelstudienzeit – abgeschlossen hat. Noch während seiner Zeit als Chemiestudent hat er mit dem Medizinstudium begonnen, und nun soll er für seine ungewöhnliche Leistung bezahlen. Nach Schätzungen des AStA sind etwa 20.000 bis 25.000 Kölner StudentInnen von den neuen Studiengebühren betroffen.

Jedes Semester zählt

Das Studienkontenmodell der Landesregierung sieht für jeden Studierenden ein Guthaben von 200 Semesterwochenstunden vor, das nach der anderthalbfachen Regelstudienzeit aufgebraucht ist. Eine Magisterstudentin beispielsweise kann zwölf Semester gebührenfrei studieren. Doch schon ein Fachwechsel nach dem zweiten Semester kann auch eine fleißige Studentin eine Menge Geld kosten. Dann zählt nämlich jedes Semester, in dem die Studentin faktisch an einer Hochschule eingeschrieben war.

Das ist nur eines von vielen Kriterien, das bei der Berechnung der Studiengebühren zu berücksichtigen ist. »Je länger man über die Regelanwendung nachdenkt, desto mehr Einzelprobleme gibt es«, meint Wilhelm Achelpöhler, Fachanwalt für Verwaltungsrecht aus Münster. Er vertritt die StudentInnen, die gegen die Einführung der Studiengebühren klagen, an den sieben Verwaltungsgerichten in NRW. »Das Verfahren läuft über jeweils sechs Musterkläger, die von den ASten ausgewählt wurden«, sagt er. »Hauptargumente der Klagen sind erstens die Frage, ob das Studienkontenmodell zur Erfüllung des vorgesehenen Zwecks geeignet ist und zweitens die Vertrauensschutzfrage.«

Klage einreichen

Klemens Himpele vom Kölner Uni-AStA ist empört über den Vertrauensmissbrauch: »Wer vor dem Sommersemester 2004 angefangen hat zu studieren, ging davon aus, keine Studiengebühren zu zahlen. Die Hochschulsatzung in NRW räumt eigentlich ein gebührenfreies Studium bis zum ersten Abschluss ein«. Klemens engagiert sich seit knapp zwei Jahren im AStA und ist Geschäftsleiter des Aktionsbündnisses gegen Studiengebühren. Er informiert die StudentInnen und erklärt Betroffenen immer wieder geduldig, wie sie sich gegen die Studiengebühren wehren können. »Wurde der Studienbescheid erst einmal rausgeschickt, so bleibt den StudentInnen nur eine Möglichkeit: Widerspruch einlegen. In der Regel wird der Widerspruch dann von den Unis abgelehnt. Und genau hiergegen kann dann Klage eingereicht werden«. Um die Zahlung der Studiengebühren kommt man bei diesem Verfahren zunächst nicht herum. Erst wenn den Klägern vor Gericht Recht gegeben wird, erhalten die Betroffenen ihr Geld zurück.

Das hört sich nach einem rentablen Geschäft für die Kölner Hochschulen an. Immerhin sollen knapp ein Drittel der StudentInnen mit ihren Gebühren ab April die leeren Kassen füllen. Dass diese Rechnung nicht immer aufgeht, beweist das gescheiterte Geschäft mit Studiengeldern in Niedersachsen. Dort war der Verwaltungsaufwand so groß, dass unterm Strich nichts übrig blieb als ein fettes Minus auf dem Konto der Universitäten. Für Wilhelm Achelpöhler ist die Einführung der Studiengebühren ein »bürokratisches Monster«, das den Unis eher schadet als nützt.

Musterklage

Ob sich das Vorhaben der Landesregierung rentiert, wird sich in den nächsten Monaten zeigen. Nach Angaben der Uni-Verwaltung können betroffene Studierende im Februar mit einem Gebührenbescheid rechnen. Wer nicht bezahlen will, der kann sich den Klagen anschließen. Bis zur Ablehnung der Klage vor dem Verwaltungsgericht, erklärt Klemens Himpele, bestünde für die Kläger kein rechtliches Risiko. Und ein positiver Ausgang ist gar nicht so aussichtslos. Immerhin haben ähnliche Klagen in Süddeutschland gefruchtet: In Bayern dürfen diejenigen, die vor Inkrafttreten der Gebührenregelung mit dem Studium begonnen haben, kostenfrei zu Ende studieren.


Info:

Wer sich näher über die einzelnen Musterklagen und die Studienkonten informieren möchte, kann das auf der Homepage des ABS (Aktionsbündnis gegen Studiengebühren) unter www.abs-nrw.de tun. Dort kann man sich die Formulare herunterladen, die nötig sind, um sich den Klagen anzuschließen. Ein Newsletter informiert über den neuesten Stand des Verfahrens. Termine für eine persönliche Beratung in Sachen Studiengebühren können per E-Mail unter studiengebühren@asta.uni-koeln.de vereinbart werden.