Foto: Manfred Wegener

Local Rules

Der amerikanische Medienkonzern und MTV-Besitzer Viacom kauft VIVA

Nun also doch. In München sind sie schon, jetzt ist auch Köln das Ziel – die Amerikaner kommen. Viacom, der weltweit drittgrößte Medienmoloch, kauft >VIVA, das kölsche Kind. Für über 300 Millionen Euro übernimmt Viacom, der Mutterkonzern der MTV-Sender, zunächst 75 Prozent der Viva Media AG, ein Angebot für die restlichen Kleinaktionäre soll folgen. Schon öfter waren sie da gewesen, die Amerikaner, aber nie wirklich nachhaltig zum Zuge gekommen. Zuerst langte die Hollywood-Unterhaltungsindustrie rüber ins juvenile deutsche Privatfernsehen. Doch das ging vorüber – einmal groß geworden konterten die deutschen Sender mit Eigenproduktionen. Seit Mitte der 90er Jahre wollten die US-Konzerne dann sesshaft werden in Deutschland. Rupert Murdoch mit Vox und tm3; Warner beim Berliner Stadtfernsehen, später bei VIVA; Disney bei Super RTL, und Viacom mit MTV, VH-1 und dem gücklosen Nickelodeon. Viel Geld haben sie ausgegeben und blieben doch randständig im immerhin zweitwichtigsten TV-Markt der Welt. 2002 hatte es US-Tycoon John Malone auf das deutsche Kabelnetz abgesehen, doch das Kartellamt legte sein Veto ein. Und dann war Krise in Mediendeutschland, Kirch kollabierte, alles wartete ab. Aber jetzt, auf dem dritten bis vierten Bildungsweg, sind sie wieder da. Und wollen bleiben.

Bekenntnis zum Standort Köln

Hoffentlich auch in Köln: Die Viva-Sender sollen in die deutsche MTV-Gruppe integriert werden, dann in Abstimmung mit den neuen Schwestersendern neue Gesichter bekommen – Entertainment, Kinderfernsehen, was Viacom sonst noch im Repertoire hat. MTV Deutschland aber hat gerade in Berlin ein neues Domizil bezogen. Zumindest für die Entertainment-Sparte mit dem Produzenten Brainpool haben sich die neuen Viva-Eigner zum >Standort Köln bekannt. Seit kurzem führen die »Golden Boys of Television«, CBS-Chef Leslie Moonves und MTV-Gründer Tom Freston, die Viacom-Geschäfte. Letzterer zeigte sich moderat bei seinem Deutschland-Besuch. Nach dem Prinzip der »Local Rules« soll der Markt für deutsche Künstler und Musik weiter entwickelt werden, die Lektion Viva wurde gelernt, und so setzt MTV auf lokales Management und intensives Lobbying vor Ort. »Danke also Viva!«, ließ Freston verlauten, »sie waren einmal viel besser als wir. Die neuesten Entwicklungen sind keine Niederlage für Viva, sondern sehr positiv.«

Kaum Kritik an der Übernahme

Ein versöhnlicher Übergang also. Überhaupt scheint sich niemand wirklich zu reiben an der Übernahme. Bei allen vorangegangenen US-Invasionen im deutschen Mediengeschäft stand schon aus alter Gewohnheit die >Kulturkritik adornitisch befangen stets bei Fuß. Heuer bleibt alles irgendwie still: Man ist dieser Tage halt froh, dass irgendwer weitermacht; mit 42 Millionen Euro operativem Verlust war Viva im letzten Jahr nicht gerade zukunftsweisend unterwegs. Lediglich Medienwächter Norbert Schneider von der Landesmedienanstalt in Düsseldorf weist darauf hin, dass »man in Deutschland derzeit alles an Medien kaufen kann, was man bezahlen kann«. Als notwendig erachte er daher Einschränkungen für ausländische Käufer.

Keine Party bei RTL

Ein anderer Global Media Player stellte sich während des >medienforum.nrw im vergangenen Monat in Köln der versammelten Branche. Brandon Burgess, Manager beim frisch geschmiedeten Medienriesen NBC Universal, präsentierte sich fließend zweisprachig und in moderaten, aber selbstbewussten Tönen. Auch seine Firma hat noch einiges vor auf dem deutschen Markt. Bislang gehören das Düsseldorfer Giga TV, NBC Europe sowie digitale Spielfilmkanäle zur Mediengruppe, die ihrerseits im Besitz des Mischkonzerns General Electric ist. Langfristig strategisch planen, so Burgess, könne man auf Medienmärkten sowieso nicht, man werde sich deshalb kleinschrittig im Markt etablieren. Überhaupt das Medienforum: Der prestigereiche Großkongress präsentierte sich in diesem Jahr deutlich ansprechender. Und dennoch wird man nicht umhinkommen, über gänzlich neue Formen für die kommenden Jahre nachzudenken. Neue Wege ging bereits in diesem Jahr RTL, das den traditionsreichen Producer-Empfang, eine echte Sause ehedem, ganz abgeschottet inszenierte. Journalisten wurden ausgeladen, den Produzenten zeigte man nur mal eben, wo das Geld sitzt, zu feiern gab’s nix. Große Gesten eines Marktführers sehen anders aus.

Medienpolitischer Think Tank

Doch möglicherweise naht Hilfe. Mit der Gründung eines >Instituts für Medienpolitik befasst sich derzeit der Kölner Medienwissenschaftler und Filmemacher Lutz Hachmeister. Hier soll es nicht um tagespolitsiche Einmischungen gehen, sondern ums große Ganze. Also nie mehr Kirch-Kollaps, nie mehr meschugger Medienbörsen-Hype, nie mehr Standortmarketing als einziges Instrument der Medienpolitik. Der geplante Think Tank sieht sich als politisch und wirtschaftlich unabhängige Adresse für die wesentlichen Fragen. Denn Medienpolitik ist Gesellschaftspolitik, und so wird das Institut, das in Köln und Berlin entstehen soll, auch von CDU bis zu den Grünen einhellig begrüßt. Auch haben einige große Medienhäuser ihre Unterstützung bereits zugesagt. Jetzt muss das Geld noch auf den Tisch, und irgendwann wird man dann von berufener Stelle erfahren können, wie man einen medienpolitischen Kongress von Format macht, oder wie viele ausländische Eigentümer gut sind für den deutschen Medienmarkt.


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