Am Hofe

Porträt einer Architekten-Dynastie:

 

Der Kölner Architekt Gottfried Böhm wurde 1986 als bisher einziger Deutscher mit dem Pritzker-Preis geehrt, der bedeutendsten internationalen Auszeichnung für Baukunst. Bekannt wurde er unter anderem durch expressionistisch anmutende Beton-Konstruktionen, die er für viele Sakralbauten besonders im Rheinland entwarf. Nach dem Ende des Nachkriegs-Kirchenbau-Booms plante er auch Rathäuser und andere öffentliche Gebäude. Berühmtester Böhm-Bau ist die 1968 gebaute Wallfahrtskirche im heutigen Velbert-Neviges. In Köln zeichnet er unter anderem für die Kapelle Madonna in den Trümmern (sein Debüt 1947), die Kirche Christi Auferstehung in Lindenthal (1968) und derzeit mit seinem Sohn Paul für die Zentralmoschee in Ehrenfeld verantwortlich.

 

Böhm entstammt einer Architekten-Dynastie: Schon Vater Dominik war dem Kirchenbau verpflichtet, die Söhne Stephan, Peter und Paul führen das Marienburger Büro fort, wo auch der 93-jährige Patriarch immer noch mit dem Bleistift Städtebauvisionen zeichnet. Die Söhne konkurrieren um Aufträge und um die väterliche Gunst. Und über Vater und Söhnen thront als Geist die verehrte Ehefrau und Mutter, die — selbst diplomierte Architektin — ihre eigene Laufbahn der Kinder-aufzucht opferte und nur als Helferin im Hintergrund an der Karriere des Gatten mitstricken darf. 

 

Die Geschichte dieses Verzichts ist, auch durch Elisabeths Tod während der Dreharbeiten, das emotionale Zentrum des Films. Die Ikonisierung der Mutterfigur erzeugt in diesem aus Beobachtungen und Interviews montierten Film allerdings auch ein mulmiges Gefühl. An vielen anderen Stellen münden die Familienbeziehungen seltsam im Dunkel. So lässt sich etwa die Verteilung der Rollen in den Familien der Söhne Gottfried Böhms nur aus einer einzigen, von Paul bei einer Familienfeier eher scherzhaft hingeworfenen Bemerkung erahnen. Die Frauen bleiben, außer der demenzkranken Elisabeth, den ganzen Film über stumm.

 

Es gibt starke Szenen. Etwa, wie Gottfried tief gebückt durch den verschneiten Garten des nun verwaisten Familiensitzes stapft. Doch zu oft flüchtet sich die Montage in klischeehafte Symbole und Klänge. Dabei klammert der in Köln geborene jungen Filmemacher Maurizius Staerkle-Drux den geschäftlichen Alltag weitgehend aus. Auch Konflikte mit Auftraggebern werden nur angerissen — ganz anders als etwa in Harun Farockis »Sauerbruch Hutton Architekten« von 2013. 

 

So ist der Film ein zwar interessantes, aber enttäuschend unscharfes Gruppenbild aus dem entschwindenden deutschen Bildungsbürgertum.