Der Ringer und der Soziopath

Sportlerdrama: »Foxcatcher« von Bennett Miller

Schießpulver, Dynamit, Plutonium — damit hat es die Fabrikantenfamilie du Pont seit Beginn des 19. Jahrhunderts zu unerhörtem Reichtum gebracht. Im Anwesen in Pennsylvania, das wie eine vergrößerte Version des Weißen Hauses aussieht, gibt es sogar einen eigenen Raum für die Trophäen, die Mrs. Jean du Pont (Vanessa Redgrave) als Züchterin von Rassepferden gesammelt hat. Ihr Sohn John (Steve Carell) hasst Pferde und träumt von einer eigenen Trophäen-Sammlung, die er als Sponsor und Coach eines Ringer-Teams aufbauen möchte — ein Sport, den die Mutter selbstredend verabscheut.

 

Bereits in »Moneyball« hat Bennett Miller das Genre des Sportfilms dazu genutzt, um einen scharfen, analytischen Blick auf amerikanische Machtverhältnisse dies- und jenseits des Baseball-Stadions zu werfen. In seinem neuen Film »Foxcatcher« entwickelt er aus einem wahren Stück Sportgeschichte, das Psychogramm zweier Männer, die aus vollkommen unterschiedlichen Milieus kommen. Du Pont lässt den Ringer Mark Schultz (Channing Tatum) per Hubschrauber zu seinem Anwesen bringen, der gemeinsam mit seinem Bruder Dave (Mark Ruffalo) 1984 bei den Olympischen Spielen in Los Angelas Gold gewonnen hat. Der reiche Mäzen bietet auf seinem Anwesen optimale Trainingsbedingungen sowie ein stattliches Jahresgehalt. Mark sieht darin die Chance, aus dem Schatten des älteren Bruders herauszutreten, genauso wie du Pont sich durch sein Engagement für den Kampfsport aus seinen ödipalen Abhängigkeitsverhältnissen lösen will.

 

Zwischen dem reichen Sponsor und dem introvertierten Ringer entsteht ein ungesundes Abhängigkeitsverhältnis, in dem Mark den Verführungskräften des Geldes erliegt und John sich als Trainer und Führer feiern lässt. Ganz ohne spekulative Effekte baut Miller schleichend Spannung auf und treibt die Geschichte langsam aber sicher in Richtung einer Tragödie. In »Foxcatcher« können sich die Figuren nicht verstecken. Eine rohe Kraft steckt in diesem spröden Werk, in dem männliche Macht- und Verdrängungsmechanismen unnachgiebig offen gelegt und amerikanische Werte auf den Prüfstand gestellt werden. 

 

Vor allem aber ist »Foxcatcher« ein Schauspielerfilm. Steve Carell gibt den stinkreichen Soziopathen du Pont mit eiskalter Präzision und Channing Tatum und Mark Ruffalo entwickeln als Ringkämpfer eine absolut glaubwürdige körperliche Präsenz.