Arbeitsgemeinschaft Popkultur

Hall & Rauch wollen alles sein — nur keine Rockband

Die Konzerte der Cologne Music Week im Stadtgarten-Restaurant sind mittlerweile allesamt so gut besucht, dass es anfängt, unangenehm zu werden. Auch bei Hall &Rauch, die zuvor wahrscheinlich die Wenigsten wirklich gekannt haben, meint man, es gäbe Bananen in der DDR. Das Musikerkollektiv scheint von dem Zulauf allerdings wenig beeindruckt. Interaktion gehört nämlich nicht zum Konzept. Ihr Auftritt erinnert an eine Performance, die ebenso gut in einer leeren Kunstgalerie, einem Fußballstadion oder einem Kuhstall stattfinden könnte.

 

Wer gehört hier überhaupt zur Band? Ständig wechseln die Musiker und Frontsänger, mal wird mit klassischem Rockinstrumentarium auf No Wave gemacht, dann wieder kollektiv zum Elektro-Playback gedanced wie einst Bez von den Happy Mondays auf Pille. Entsprechend der Sound: Ein Wirrwarr aus Zitaten, das von NDW über den Sound of Cologne bis zum Meta-Schlager reicht. Man fühlt sich erinnert an das Jeans Team, eine Band, die versucht, ähnlich viele Facetten unter einen Hut zu bekommen. Interessant.

 

Auf meine Interviewanfrage kommt folgende Antwort: »Da wir zurzeit sehr beschäftigt sind, käme es uns gelegen, wenn Sie uns Ihre Fragen per Mail schicken könnten.« Leider fallen die Antworten meist kürzer aus als die Fragen. Hier geht es offenbar darum, die künstlerische Distanz zu wahren. Auch die Frage nach den Namen der Bandmitglieder wird ironisch abgeschmettert: »Huey, Dewey, Luie, Dagobert, Donald, Daffy — Verygood«. Scherzkekse. »Wir sind keine Band, sondern eine Arbeitsgemeinschaft mit wechselnder Besetzung, wir beschäftigen uns mit Popkultur, losen Klängen und Posen.« Verstanden: Was diese Typen ganz offenbar nicht sein wollen, ist eine kumpelige Rockband, die es nötig hat, die Lokaljournalisten zu hofieren. Fair enough. »We are also interested in creating a Future-Investment-Fan-Base in Indiaby 2017«, antworten Hall &Rauch auf die Frage, ob sie ernsthafte musikalische Karrierepläne verfolgen oder eher eine Happening-Formation aus dem Artschool-Kontext sind. Eindeutig Letzteres.

 

Wer jetzt hellhörig geworden ist, sollte sich auf YouTube das grenzwertig geniale Video zu »Ad Astra« anschauen, in dem ein romantischer Clown von einer Art bösartigem Hausmeister mit dem Besen niedergestreckt wird. »Rein in die Kaschemme, raus aus die Kaschemme«, wird dazu in Anlehnung an die Höhner grammatikalisch wunderbar unkorrekt gesungen. Könnte der neue Anti-Sessions-Hit werden. Bei a-Musik ist zudem eine Reihe von selbstverlegten Tonträgern zu erstehen, u.a. die Single »No Sir« und das Album »Die Lamellen des falschen Pfifferlings«. Very good? Indeed.