Fantasy Filmfest Nights

Auf keinen Film der diesjährigen Fantasy Filmfest Nights dürften Fans schon so lange warten wie auf »German Angst«. Der Grund: die Rückkehr des unvergleichlichen Jörg Buttgereit zur Kinofilmregie nach über zwanzig Jahren. Nach »Schramm« (1993) wollte er einfach nicht mehr den Freundeskreis und sich selbst für seine Kunst ausbeuten, konnte von den hiesigen Zensur-, Verzeihung: Förderinstanzen allerdings keine Gelder akquirieren. Daher zog er sich ins Radio und ins Theater zurück (gerade in Dortmund zu sehen: »Nosferatu lebt!«), mit gelegentlichen Ausflügen ins Dokumentar-Fernsehen. Wie »Final Girl«, Buttgereits Beitrag zum Episodenfilm »German Angst«, zeigt: Er hat nichts verlernt — die Stimmung ist unendlich morbide, die Sonne scheint schön wie nie, wo der Albtraum Alltag aufhört und die Rachephantasie beginnt: wer weiß.

 

Die kontroverseste Episode von »German Angst« ist allerdings »Make a Wish« von Michal Kosakowski, in der zwei taubstumme Polen von einer deutsch-englischen Neonazibagage gequält und misshandelt werden. Wie Buttgereit das Werk seines Kollegen klug analysierte: Man merkt sehr schnell, dass die beiden keine Chance haben und dass alles nur noch Schmerz und Schrecken ist. Bei der Uraufführung des Films vor einigen Wochen auf dem Festival von Rotterdam wollte ein aufgebrachter Zuschauer Kosakowski während der Vorführung attackieren, während sich das Festival mit Hassbriefen aufgebrachter Bürger herumschlagen durfte. Erwähnt wurde nämlich noch nicht, dass es in »Make a Wish« auch eine Erzählebene gibt, die ein Nazimassaker an polnischen Zivilisten zeigt — dargestellt von einer auf den Warschauer Ghettoaufstand spezialisierten polnischen Reenactment-Gruppe. Da kommt allerhand zusammen. Wie gut, dass einen Andreas Marschall dann gewohnt knallig in der abschließenden Episode »Alraune« wieder auf die Somawogen des verspielt-blutigen Genrekinos hebt.

 

Neben »German Angst« bieten die insgesamt zehn Filme der Fantasy Filmfest Nights auch sonst noch allerhand Ergötzliches der blutigeren Art. Erwähnt seien hier vor allem Alberto Rodríguez’ brütend sinistrer Noir »Marshland«, Kevin Smiths abstruser »Tusk« und Jonas Govaerts so grimmiger wie alberner »Cub«. So lässt sich schön die Wartezeit auf das große Fantasy Filmfest im Sommer verkürzen.