Versprechen gehalten

Heinz Simon Keller lässt im Theater der Keller gekonnt die Hoffnung sterben

Diesen großen Fisch fängt Kommissar Matthäi nicht. Er wird ihn noch nicht einmal zu Gesicht bekommen. Dabei war Matthäi fest überzeugt, mit Anne-Marie, dem kleinen Mädchen, den richtigen Köder für den Serien-Kinder-Killer ausgeworfen zu haben.

 

»Das Versprechen« ist im besten Sinn ein Anti-Krimi, in dem Friedrich Dürrenmatt das scheinbare Scheitern seines Kommissars auf der ironischen Metaebene jenseits des Krimi-Plots abwickelt. Der Kommissar ist hier nicht der strahlende Held, sondern ein verbitterter alter Mann, der wahnsinnig wird. Hat er doch den unverzeichlichen Anfängerfehler begangen, bei seiner Seele der Mutter zu versprechen, den Täter ihrer kleinen Tochter zu fassen. Dafür bezahlt er.

 

Regisseur Heinz Simon Keller inszeniert den Stoff als mystischen Thriller, verzahnt mit Texten der Kölner Autorin Marie T. Martin, welche die Gedanken des ermordeten Mädchens spiegeln. Das abgedunkelte Licht taucht die Bühne in eine zwielichtige Stimmung. Der im Hintergrund angedeutete dunkle Wald, vor dem der Nebel zieht, tut sein Übriges für die melancholisch-unheimliche Atmosphäre, die den Zuschauer in den Bann zieht. Ebenso die Musik von Frank Schulte, in der sich bedrohlich-psychedelische Klänge zu verstörenden Melodien mischen. Bisweilen überlagert der konstante Einsatz des Klangs die teils sehr gelungenen Bilder, so dass sie nicht mehr für sich selbst stehen. 

 

Gerhard Rois spielt den alternden Kommissar zu Beginn sehr müde und vom langen Berufsleben erschöpft, um ihn dann gekonnt zum fanatischen Ermittler zu steigern. Das funktioniert sehr gut im Zusammenspiel mit seinem jungen, pflichtbewussten und korrekten Kollegen Henzi (Jonas Müller-Liljeström), der immer wieder versucht, Matthäi auf den Boden der scheinbaren Tatsachen zurückzuholen. 

 

Besonderer Clou der Inszenierung ist die zehnjährige Kinderschauspielerin Trixi Janson, die den Abend scheinbar unbeeindruckt von der Live-Situation souverän meistert. Wenn sie in weißem Unschuldskleidchen auf der Schaukel schwingt — als Matthäis Lockvogel für den Mörder, der ihr Bonbon-onkelig Geschichten erzählt, lässt einen die Verfügungsgewalt des Kommissars und des potentiellen Mördern über das Mädchen erschaudern.

 

Solch dialektische Bilder von Gerechtigkeit und Moral und das gelungene Zusammenspiel der Akteure machen die Inszenierung, trotz kleinerer Längen, zu einem empfehlenswerten Abend. Dürrenmatts gebrochenem Helden folgt man gebannt auf seinem Weg nach ganz unten.