Seltsamer als das Paradies

Hipster-Vampirfilm: A Girl Walks Home Alone at Night von Ana Lily Amirpour

Das dürfte Alice Schwarzer, Pegida-Fans und Islamisten nicht gefallen: Ein Mädchen, das den Tschador genauso cool trägt wie ihr Jean-Seberg-Streifenshirt, das auf dem Skateboard allein durch die Nacht fährt – und allen, die ihr blöd kommen, den letzten Tropfen Blut aus den Adern saugt.

 

Die namenlose Titelheldin geht in »Bad Town« um, eine fiktiven Öl-Stadt in einem Niemandsland, das aussieht wie die unwirtlicheren Gegenden Südkaliforniens, wo die Bewohner aber Farsi sprechen. Neben dem Mädchen lassen sich ein Drogendealer durch die Nacht treiben, eine Hure und Arash, eine Art persischer James Dean, den die Drogensucht seines Vaters seinen geliebten alten Ford Thunderbird gekostet hat. Kann es eine Liebesgeschichte zwischen dem Vampirmädchen und dem Jungen geben? Können sie gemeinsam ihre Einsamkeit überwinden?

 

Die Figuren bauen auf bekannten Stereotypen auf, die so schwarzweiß sind wie die exzellent kadrierten Breitwand-Bilder von Kameramann Lyle Vincent. Um Realismus geht es der in Los Angeles lebenden persischstämmigen Ana Lily Amirpour mit ihrem Debütfilm also nicht, viel mehr um ein Spiel mit der dunklen Seite der Popkulturhistorie. Schon der Name »Bad City« erinnert an Frank Millers Hard-Boiled-Comic »Sin City« und deren Verfilmungen, wobei Amirpour deren Misogynie meidet. Ihre Außenseiter-Romantik und die langen, ruhigen Einstellungen erinnern eher die frühen Schwarz-Weiß-Werke Jim Jamuschs wie »Stranger Than Paradise«. Davis Lynchs »Eraserhead« hallt in den postindustriellen Schauplätzen wider, Francis Ford Coppolas »Rumble Fish« in der romantischen Anlehnung an die 50er Jahre. Die Verbindungen lassen sich noch weiter zurück verfolgen, zu Jacques Tourneurs »Cat People« aus den frühen 40er Jahren und natürlich zum Film noir. Die Musik der US-Band Federale, die neben iranischem Indierock und düsteren Elektrosounds die Tonspur dominiert, erinnert dagegen an Ennio Morricones Spaghetti-Western-Soundtracks.

 

Alles schon mal dagewesen? Nicht wirklich. »A Girl Walks Home at Night« wirkt vielleicht deshalb so frisch, weil Amirpour selber noch so jung ist (Jahrgang 1980) und wenig Respekt vor der Vergangenheit zeigt. Vor allem aber vermittelt sie mit genau der richtigen Mischung aus Coolness und Romantik, wie es sich anfühlt, jugendlicher Außenseiter zu sein.

 


A Girl Walks Home Alone at Night (dto) USA 2014, R: Ana Lily Amirpour,
D: Sheila Vand, Arash Marandi, Mozhan Marno, 107 Min. Start: 23.4.