Glück und Elend durchtanzter Nächte

DJ-Drama: »Eden« von Mia Hansen-Løve

Ganz am Rande zeichnet »Eden« die Geschichte eines rauschenden Erfolges. Gleich zu Beginn des Films lernt man Daft Punk kennen, noch bevor sie eine Platte produziert haben, und man sieht das Duo zuletzt 2013 in einer Disko herumstehen, in dem Jahr also, in dem »Get Lucky« ein weltweiter Hit wird. Daft Punks Karriere dient als Kontrastfolie für die Entwicklung des Protagonisten Paul, der im Paris der frühen 90er Jahre ebenfalls der House Music verfällt, DJ wird und Platten produziert — und das so lange macht, bis seine Finanzen und Gesundheit es nicht mehr zulassen. 

 

Dieser Handlungsverlauf mag vordergründig das freudsche Realitätsprinzip bekräftigen, doch das Schöne an Mia Hansen-Løves viertem Spielfilm ist, dass nicht nur der Titel solch simple Lesarten konterkariert. Hedonismus wird in »Eden« weder diskreditiert noch verklärt; das Glück durchtanzter Nächte ist hier ebenso zu erahnen wie die Banalität des allwöchentlichen Club-Betriebs. 

 

Die 28-jährige französische Filmemacherin hat das Drehbuch mit ihrem Bruder Sven verfasst, der auch das Vorbild für die Hauptfigur war. Die beiden legen den Stoff als lockere Abfolge einzelner Episoden an: Während im Laufe der Jahre Pauls Freundinnen wechseln, sind die dünnen Erzählfäden durch kaum mehr verbunden als durch die Musikbegeisterung von Paul, durch gelegentlichen Drogenkonsum und Hinweise auf Geldnöte. Zwar bildet eine Reise an die Heimstätten von House, nach New York und Chicago, den Scheitelpunkt der Handlung, doch von einem Spannungsbogen ist kaum zu sprechen. Dieses bei-läufige Erzählen könnte man fast formlos finden, doch es hat eine dezent berühren-de Wirkung, wie auch die Kameraarbeit, die dokumentarische Nüchternheit mit -leisem Schwelgen in Disco-Fröhlichkeit verbindet. 

 

Der Fluss der Handlung erinnert an frühere Filme von Hansen-Løve, aber auch an andere Versuche, eine angemessen freie filmische Form für das gelebte Leben zu finden. Man mag an »Boyhood« denken, wobei der behandelte Zeitraum hier noch länger ist. Dass in »Eden« den-noch niemand sichtlich altert, unterstreicht eine der sympathischsten Eigenschaften Pauls: Der hält nämlich all die Jahre lang einem einzigen Musikgenre, Garage House, die Treue — allen Moden und jeder vermeintlichen Notwendigkeit zur individuellen Weiterentwicklung zum Trotz.