Hier war schon einmal ein Kino: Die einstigen Union-Lichtspiele an der Kalk-Mülheimer Straße | Foto: Manfed Wegener

Lichtspiele unter der Disco

Seit Jahrzehnten gibt es kein Kino mehr auf der Schäl Sick:

Das könnte sich bald ändern

In Buchforst, Braunsfeld, Bickendorf und Brück. In Deutz, Dünnwald und Dellbrück. In Ossendorf, Merheim, Porz und Poll. Und natürlich Mülheim und Kalk — in all diesen Stadtteilen gab es einmal Lichtspielhäuser. Heute existieren jenseits der Innenstadt nur noch zwei Veedelskinos: das Weißhaus in Sülz und seit 1996 das Cinenova in Ehrenfeld.

 

Das könnte sich nächstes Jahr ändern. Anfang Juli gab die Filmförderungsanstalt des Bundes bekannt, dass sie die Neuer­richtung der »Lichtspiele Kalk« (Arbeitstitel) mit 90.000 Euro ­fördern will. Den Antrag gestellt hatten Jennifer Schlieper und Felix Seifert, die schon viel Erfahrung mit dem Kinomachen in Köln gesammelt haben — Schlieper zuletzt beim unglücklich gestarteten »Turistarama« am Mauritiussteinweg und vorher im Cinenova und im Filmhaus; Seifert ist zurzeit Mitbetreiber des Filmhauskinos.

 

»Neuerrichtung« trifft es nicht ganz: In der Immobilie an der Kalk-Mülheimer Straße befand sich schon einmal ein Kino. 1948 eröffneten hier die Union-Lichtspiele mit 200 Sitzplätzen. Damals begann der große Nachkriegskino-Boom in der Stadt. Mitte der 50er Jahre gab es in Köln mehr als achtzig Lichtspielhäuser mit zusammen rund 50.000 Sitzplätzen — momentan sind es gerade einmal zehn Erstaufführungskinos. Doch der Boom der 50er Jahre war ein Jahrzehnt später schon wieder vorbei, das Fernsehen erwies sich als mächtige Konkurrenz. Als erstes traf es die Stadtteilkinos mit ihren kleineren Sälen, ihrer oft veralteten Technik und ihrem Nachspielprogramm. So auch das Union-Theater in Kalk. 1974 verkaufte Kinobesitzer Josef Hütten, und die Immobilie wurde in eine Disco umgewandelt.

 

Vergangenes Jahr erwarben die Architekten Daniela Konrad und Peter Lieblang das von außen unscheinbare Haus, um dort ihr neues Büro aufzumachen. Als sie unter den Resten der Disco die Spuren des alten Kinos entdeckten, änderten sie ihre Pläne: Konrad und Lieblang beschlossen, dass hier wieder ein Kino entstehen solle. Die beiden Architekten wollen den Umbau übernehmen, Schlieper und Seifert sollen das Kino dann betreiben. Der Bau ist bereits entkernt. Es stehen noch Termine bei der Bank wegen der Restfinanzierung an, und es müssen Fragen mit dem Bauamt abgeklärt werden. Felix Seifert ist optimistisch. Wenn alles weiter nach Plan laufe, könne Anfang 2016 eröffnet werden. Doch er ist vorsichtig mit Ankündigungen, beim Turistarama hat sich gezeigt, wie schnell Zeitpläne bei solchen Umbauten Makulatur werden können. Die Zeit läuft auf jeden Fall für das Projekt: Wenn 2040, wie prognostiziert, bis zu 200.000 Menschen mehr in Köln leben sollten, könnte es auch in anderen Stadtteilen zur Renaissance der Veedelskinos kommen.