Jungle

Angenommen, ein Professor soll die hippste Band des Jahres am Reißbrett entwerfen. Gut möglich, dass Jungle das Produkt wären. Schon der Name, Jungle. Ein Verweis auf den schnellen, harten Sound, der in der ersten Hälfte der 90er Jahre im UK aufkam, und später das Entstehen von Genres wie Grime oder Dubstep entscheidend beeinflussen sollte. Dann ist da die Bildsprache der Band: Zu sehen gibt es genauso viele B-Boy-Referenzen, wie die Tänzer in den Musikvideos zusammengenommen Streifen auf ihren Trainingshosen haben. Wer genauso edgy wie auch trendy sein will, der guckt, was die Straße trägt, klar. 

 

Hip ist außerdem, was lange geheimnisvoll bleibt. Kein Problem. Man verrät erst mal nicht mehr, als dass lediglich zwei Jungs namens J und T die Köpfe hinter Jungle sind, zeigt aber auf allen Pressefotos einen bunten Haufen aus Muskeln, Sportklamotten und Bomberjacken. Fehlt eigentlich nur noch die Musik. Und die ist der weiche, der auf Hochglanz polierte Kern unter der harten Schale. Hier schmiegt sich Falsett-Gesang an breitschultrige Instrumentals. Jungle tanzen mit Soul, machen dem Funk schöne Augen,  gehen später aber stets zur Pop-Musik nach Hause. Kann man alles durchaus berechnend finden. 

 

Aber es macht Sinn, sobald man mehr über J und T erfährt. Josh Lloyd-Watson und Tom McFarland waren am Anfang einfach Schlafzimmer-Produzenten aus London mit viel Liebe für Jamiroquai. Sie drehten ein Video zu ihrem Song »Platoon«, in dem eine Sechsjährige beim Breakdancen zu sehen ist, warfen es in die Mühlen der Blogosphäre und kamen als Band der Stunde am anderen Ende wieder raus. Jetzt gab es also ein Publikum, das Jungle spielen sehen wollte. Doch die begnügten sich nicht damit, sich mit ihren Laptops auf eine Bühne zu stellen. Also stellten sie eine Band zusammen. So erklären sich die Pressefotos. 

 

Aber was soll das ausgeprägte Spiel mit den Mode-Codes der Straßen? »Denk’ an Grand Theft Auto! Man muss sich daran erinnern, dass das ein Typ aus Schottland gemacht hat«, erklärten die beiden dem britischen Clash Magazine. Jungle geht es überhaupt nicht darum, zu zeigen, wo sie herkommen. Sondern sich selbst einen fiktiven Ort, ein Woanders zu schaffen. Josh und Tom machen also gar keinen Hehl daraus: Ein Prof. war gar nicht notwendig — Jungle haben sich selbst entworfen.