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Vienna Ditto — Circle 

 

Man geht als Duo, also fast in Minimal-Besetzung auf Tour, dafür aber mit viel Technik und maximalem Sound. Im Indietronic-Bereich ist dies ein inzwischen etabliertes Modell. Zum einen aus Kosten-Nutzen-Überlegungen, meist aber den multifunktionalen Fähigkeiten und der Kreativität der Musikerinnen und Musiker geschuldet. Vienna Ditto bestechen durch rauchigen, lasziven Frauengesang, behutsam modernisierte Sixties Beat-Anleihen und eine gekonnt aus der Hüfte eingestreute Surf-Gitarre. Die Elektronik tut was sie soll: Sie dient dem Song, ohne sich in den Vordergrund zu spielen. Spannend sind die Stücke, die fast nur durch Gesang und Gitarre getragen werden. Diese Musik ruht in sich selbst und kommt klassisch modern daher.

 

 

Louis Lingg And The Bombs —  Songs For A Teargas Sunset

 

Preisfrage: Welche Musik macht eine Band, die sich nach einem Anarchisten benannt hat? Richtig geraten: Punk. Allerdings in einer ziemlich abgeklärten, postmodernen Version. Sänger und Sängerin fallen sich in bester B52’s Manier gegenseitig in die Parade, dazu dudelt ein Synthesizer catchy Hooklines, und die Lyrics kommen ätzend sarkastisch daher. Nie kann man sich sicher sein, ob Wut und Hass nun wahrhaftig empfunden oder nur geschickt vorgetäuscht werden. Ruft eine Zeile wie »Gonna knock them house right down on them head« aus »Angry Bird« nun zum Klassenkampf auf, oder beschreibt sie die Mechanik des Computerspiels? Wahrscheinlich beides. Und in dieser Dialektik macht Punk Spaß.

 

 

 

Emerald Park — Go!Go!Go!
(23 Seconds)

 

Vor gerade einmal einem Jahr haben Emerald Park aus Malmö »Black Box CC« veröffentlicht — wir berichteten in Netzmusik #28 — und schon gibt’s wieder ein neues Album. Der handgemachte Indiepop der letzten Veröffentlichung weicht dieses Mal allerdings teilweise elektronisch produzierten Klängen und elektrischen Gitarren. Die Qualität der Musik leidet darunter keineswegs. Vielmehr funktionieren die fetten Moogsynths und Sequenzer ziemlich gut mit den klassischen Ingredienzen des Bandsounds. Nach wie vor sollte so tolle, freie Popmusik nicht umsonst sein — »download for free & pay what you want« ist das Prinzip.

 

 

 

The Original Beekeepers —
How The River Runs Dry
(Linear Obsessional)

 

Was man zunächst als ein weiteres Belle & Sebastian-Soundalike beiseite legen möchte, entpuppt sich bei genauerem Hinhören doch als interessante, schräg-poppige Produktion auf dem Londoner Linear Obsessional-Label. »How The River Runs Dry« erinnert uns irgendwie an »Divine Comedy«, und zwar nicht nur wegen der akustischen Instrumentierung. Die Band, ebenfalls aus London, existiert bereits seit — Vorgänger eingeschlossen — 1984 (!) und hat eigenen Angaben nach bereits 500 Homerecordings angehäuft, die auf Kassette, CD-R und eben im Internet zu haben sind. Ihr neustes Werk gibt’s zusätzlich in einer liebevoll handgefertigten CD-R Version, inklusive Bastelpapier.