Mach dir dein Bild

Auf die Bilder, fertig, los. Im Oktober findet die Messe Photokina statt, begleitet von einem hochkarätigen Jubiläumsprogramm der Internationalen Photoszene Köln: Ausstellungen in der »visual gallery«, auf der neuen »photofaircologne«, in Museen, Institutionen, Galerien und Privatwohnungen. Wir stellen das Programm vor und fragen: Leuchtet die Fotostadt Köln wieder? Kerstin Stremmel sondiert das Angebot

1993 nahm man in Deutschland die Fotografie auf nationaler Ebene erstmals ernst – so Bodo von Dewitz, Chefkurator für Fotografie am Museum Ludwig. Das Museum kaufte damals die Sammlung von Robert Lebeck an, mit Unterstützung der Kulturstiftung der Länder, des NRW-Kultusministeriums und der Stiftung Kunst und Kultur. Lebecks bedeutende Sammlung zur Fotografie des 19. Jahrhunderts ergänzte das 1986 als Dauerleihgabe ins Museum eingezogene Agfa-Foto-Historama, das Agfa jetzt für 4,4 Millionen Euro zum Verkauf anbietet. Von Dewitz versucht derzeit, den drohenden Verlust der Agfa-Sammlung mit einem Antrag auf Anerkennung als nationales Kulturgut und die Akquirierung von Landesmitteln und Sponsorengeldern zu verhindern – und es scheint Anlass für Optimismus zu geben.

Die große Flut

So wird wohl auch die historische Dimension der Fotografie den Kölnern erhalten bleiben. Daneben besitzt Kölns wichtigstes Museum für Zeitgenössische Kunst eine heterogene Sammlung der Fotografie des 20. Jahrhunderts, in der Barbara Engelbach, seit Mai Kuratorin für Fotografie und Neue Medien, einiges Überraschende etwa aus den 70er Jahren entdeckt hat – und demnächst in einer Ausstellung präsentieren wird. Der Traum eines eigenständigen Museums für Fotografie ist, auch aus pragmatischen finanziellen Erwägungen, längst ausgeträumt, aber die kontinuierliche Arbeit von Dewitz’ ist ein Lichtblick: Sein neuestes Projekt, die Ausstellung der legendären Stalinbilder und bislang kaum bekannter, hinreißender Künstlerportraits von James Abbe, wird am 2. Oktober eröffnet. Auch andere städtische Institutionen profilieren sich termingerecht zur Photokina und
der 17. Internationalen Photoszene Köln: Im Museum für Angewandte Kunst ist die originelle Zusammenstellung höchst unterschiedlicher Amateurbilder aus dem Archiv des Fotografen Christian Skrein zu sehen und im Stadtmuseum werden »Stille Welten – Spuren Alter Industriekultur« von Rainer Gärtner gezeigt.
Die Fülle birgt viel Qualitätvolles: Stéphane Couturier etwa, in Frankreich seit langem mit seinen klug strukturierten Architekturaufnahmen bekannt, wird in der Stiftung für Fotografie präsentiert. Larry Sultans mit sicherem Gespür für Details erstellte Bilder von den gutbürgerlichen Drehorten für Pornofilme sind in der Galerie Thomas Zander zu sehen und Katharina Bosses schräge »Mermaids« können bei Reckermann besichtigt werden. Dem kürzlich verstorbenen Meister des Augenblicks, Henry Cartier-Bresson, widmet die Baukunst Galerie erneut eine Ausstellung.

Fotomesse in Belgischen Haus

Die von Ende der 20er bis in die 60er Jahre entstandenen psychologischen Portraits von Anneliese Kretschmer zeigt Priska Pasquer in ihrer Galerie; junge Positionen präsentiert z.B. das Büro für Fotos mit Daniel Gustav Cramers suggestiven Waldbildern. Auch die inzwischen zur schönen Tradition gewordene Gruppenausstellung »kommen sie nach Hause« bei Steff Adams verspricht eine überraschende Präsentation von circa 100 Künstlern in privaten Räumen.
Als sei das alles nicht genug, wird es noch eine neue Veranstaltung geben: die Fotomesse »photofaircologne« im Belgischen Haus, an der 14 internationale Galerien teilnehmen. Sie wird organisiert von Ingrid Koppelmann, Inge Misselbeck und Burkhard Arnold, der seine eigene Galerie, »In Focus«, als einzige Kölner Galerie eingeladen hat. Ob das dem fair im Messetitel gerecht wird mag bestritten werden, viele der zuvor erwähnten Fotogalerien Kölns spielen längst in einer anderen Liga und zeigen, neben einem konsequenten Programm für das Kölner Publikum, ihre Arbeiten auf internationalem Parkett. Interessant zu werden verspricht aber ganz sicher die Präsentation einer der wichtigsten belgischen Fotoinstitutionen, des Musée de la Photographie à Charleroi, die im am gleichen Ort junge belgische Fotografie zeigt.

Kulturelle Identität geprägt

Anlass für die Fülle der Veranstaltungen ist die Technikmesse Photokina. Begleitet wird sie zum zweiten Mal von der »Visual Gallery«, die das wieder aufgreift, was von 1950 bis 1980 durch die legendären Photokina-Bilderschauen geleistet wurde: ein ambitioniertes und ebenfalls sehr umfangreiches Programm fotografischer Positionen, das etwa die Ergebnisse des »Kodak Nachwuchs Förderpreises« oder Einzelausstellungen von Will McBride bis Anton Corbijn bietet.
Wie stark die kulturelle Identität Kölns durch Fotografie geprägt wurde, machen neben der Photokina-Tradition noch immer die Galerien deutlich. Was gestärkt werden müsste, ist das Bewusstsein für aktuelle Fotografie in Köln. Daran arbeitet zumindest einer, den man in diesem Zusammenhang auch erwähnen muss: Die meisten Fotografen gehen turnusmäßig in die Buchhandlung von Markus Schaden, den lebendigsten Informationspool für Fotografie, den die Stadt zu bieten hat (www.schadem.com).


Nur in der Druckausgabe der StadtRevue im Oktober:

Wie geht’s der Fotografie, seit sie die Museen erobert hat und als digitaler Schnellschuss verfügbarer denn je ist? Den Stand der Dinge diskutiert Reinhard Matz.