Dokument der Erschöpfung

Spaßguerilla in der Krise: »Die Yes Men« — Jetzt wird’s persönlich

Die Revolution ist auch ein Vollzeitjob wie jeder andere. An allen Ecken brennen die Baustellen — Klimaerwärmung hier, Finanzkrise dort. Kreativer Höchsteinsatz beim Entwickeln fantasievoller Strategien ist stets gefragt, die Technik spielt auch nicht immer mit, und Kommunikationsprobleme zwischen Kollegen hätte es nicht auch noch gebraucht. Die Arbeitszeiten sind flexibel und erschöpfend. Kurzum: Auch ein Aktivist kriegt mal Burnout. Oder aber er hat ein, zwei Kinder, für die er keinen Babysitter mehr findet. Dann muss die subversive Aktion warten — oder gleich ganz ausfallen.

Mit ihren Kommunikationsguerilla-Stunts, also in der Öffentlichkeit lancierten Falschmeldungen, mischen die globalisierungskritischen »Yes Men« den Medienbetrieb seit den 90er Jahren auf. Nicht zuletzt dank einiger Journalisten, denen breaking news und die vermeintliche Enthüllung wichtiger sind als Fakten-Checks.

Im nunmehr dritten Dokumentarfilm der Yes Men nehmen die karnevalesken Aktionen der Polit-Spaßvögel Andy Bichlbaum und Mike Bonanno erneut viel Raum ein: Sie verkünden, dass Kanada seine Klimaschulden gegenüber Uganda begleicht, feiern als vermeintliche Shell-Pressesprecher das Abschmelzen der Polkappen
als gewinnbringende Freilegung von Ölvorräten oder geben sich -
bei Occupy in New York als Wallstreet-Broker aus, um ihren Aufmarsch samt Polizeischutz in den antikapitalistischen Protest ein-zugemeinden.

Doch neben all dem »Up yours!«-Halligalli rückt der Preis in den Fokus, den die beiden rund um den Globus jettenden Aktivisten für ihren Kampf um eine bessere Welt zahlen: Beziehungsprobleme, Depressionen, verpasste Lebenschancen.

Kein Wunder: Egal, wie gelungen eine kreative Aktion ist, welche persönliche Befriedigung man daraus zieht — der global durchgesetzte Kapitalismus ist und bleibt ein zäher Riese, den ein paar Mückenstiche nicht aus der Fassung bringen. Defätistisch ist der Film dennoch nicht. Vielmehr geht es darum, das Problem jeder politischen Bewegung zu benennen, die sich auf den Erfolgen weniger Gallionsfiguren ausruht: Sie zielt nicht in die Breite, sondern bleibt punktuell. Den Protest aber müssen viele Schultern tragen. »The Yes Men — Jetzt wird’s persönlich« ist ein Dokument der Erschöpfung, aber auch ein Plädoyer dafür, den Ball aufzugreifen und das Spiel weiterzuspielen. Schafft ein, zwei, viele »Yes Men«.