Heilige Bestie

»Es ist schwer, ein Gott zu sein« von Alexei German

Eine zukünftige Menschheit entdeckt auf einem nahen, in seiner Beschaffenheit der Erde gleichen Planeten eine Zivilisation, die etwa der unsrigen zur Zeit des tiefsten Mittelalters entspricht. Um zu studieren, wann sich vernunftbegabte Wesen dafür entscheiden, ihre Lebensumstände in einer Weise zu verändern, die wir als Fortschritt bewerten würden, wird ein Forschungsprogramm gestartet. Kundschafter werden auf dem nahen Planeten ausgesetzt, um dessen Bewohner zu beobachten; ein Eingreifen in den Lauf der Dinge ist ihnen absolut verboten, selbst wenn es möglich wäre, Katastrophen zu verhindern oder Epidemien zu stoppen.

 

Offiziell geht es darum herauszufinden, wie unvermeidlich bestimmte sozio-evolutionäre Wege sind — in Wahrheit aber, wie lang ein Mensch diese Verdammnis zur Passivität aushält. Wann will er aufhören zu gehorchen und zu funktionieren? So in etwa lässt sich die Ausgangssituation, die Fragestellung von »Es ist schwer, ein Gott zu sein« beschreiben. 

 

Seit den späten 90er Jahren gab es schon Gerüchte von Aleksei Germans Plan, Arkadi und Boris Strugazkis 1964 veröffentlichten, gleichnamigen Roman für das Kino zu adaptieren — ein Projekt, welches er seit dem Erscheinen des Werks umsetzen wollte und das seither allerhand Spuren in seinem Schaffen hinterlassen hat. Jenseits der Tatsache, dass es hier um eine Kunstkinoanstrengung ganz eigener Art selbst nach russischen Maßstäben ging, erlangte die Produktion besonderes Gewicht, als bekannt wurde, dass German (»Mein Freund Iwan Lapschin«) an einer unheilbaren Krankheit litt — der Film also sein Vermächtnis werden würde. German starb, ohne das vollendete Werk je anderswo als in seinem Kopf gesehen zu haben. Sein Sohn Alexei German Jr. vollendete »Es ist schwer, ein Gott zu sein«.

 

Das war es wert — die Mühen, das Warten, das Werkeln und Schleifen noch am letzten Detail, das Kämpfen und Beharren und Dulden, darunter Gängeleiversuche der Ministerien, die endlich etwas für ihr Geld sehen wollten. Herausgekommen ist ein visuell monströs barockes, in erster Linie aus hoch komplexen, oft scheinbar endlosen Plansequenzen gestaltetes Epos aus Schlamm und Scheiße, aus Geraune und Geraunze — und mittendrin Protagonisten, die den Regisseur keinen Deut mehr scheren als eine zufällig vor der Kamera herumschwirrende Fliege. Einen solchen Exzess an verworfener Schönheit wird man wahrscheinlich niemals wieder zu sehen bekommen: Die Zeit ist vorbei für solche heiligen Bestien von Kinokunstwerken.