Pfade durch den Provenienzdschungel

Das Wallraf-Richartz-Museum bilanziert seine Forschungen zur NS-Raubkunst

»Provenienz« ist durch den spektakulären Fall Gurlitt zum geläufigen Begriff geworden: Er steht für die Herkunfts- und Besitzgeschichte eines Kunstwerks. Dass diese wesentlich von Zeitgeschichte geprägt ist, zeigen zahlreiche Untersuchungen zur NS-Raubkunst. Vor allem jüdische Sammlungen waren von erzwungenen Verkäufen zu Schleuderpreisen betroffen, aber auch von Beschlagnahme und Plünderung. Handel und Auktionshäuser profitierten, Museen und Sammler waren und sind bis heute Nutznießer.

 

Inzwischen erforschen immer mehr Institutionen, welche ihrer zwischen 1933 und 1945 (und auch später) erworbenen Objekte Raubkunst sein könnten und wem sie rechtmäßig gehören. Das sind die zu beantwortenden Fragen. Im Kölner Wallraf-Richartz-Museum wurden bereits 273 Gemäldekäufe der NS-Zeit untersucht, nun widmet sich ein Forschungsvorhaben den entsprechenden Erwerbungen — rund 2400 Blättern — der Graphischen Sammlung. Exemplarisch werden an 13 Handzeichnungen deutscher Künstler des 19. Jahrhunderts vorläufige Ergebnisse dieser Recherche unter dem Titel »Provenienz Macht Geschichte« im Graphischen Kabinett vorgestellt.

 

Zahlreiche Dokumente belegen Herkunft und Wege der Blätter in die Sammlung, differenziert wird die Frage der Legitimität des Erwerbs beantwortet, eine Art Ampelsystem signalisiert den Status der einzelnen Arbeiten. Als unbedenklich, grün markiert, sind lediglich drei Werke eingestuft, die weitaus meisten der hier versammelten sind noch nicht zweifelsfrei, ihre Herkunft muss weiter erforscht werden. Eine Zeichnung Adolf Menzels wird das Museum dem Rat der Stadt zur Restitution, also Rückgabe bzw. Entschädigung, vorgeschlagen — das bislang einzige von allen erforschten Werken. Die zu diesem Ergebnis führenden Arbeitsschritte werden detailliert und nachvollziehbar vorgestellt. Sie zeigen, dass Provenienzforschung der Arbeit an einem komplizierten, wirren, oft unvollständigen Puzzle gleicht.

 

Nebenbei ist »Provenienz Macht Geschichte« auch eine kleine, feine Übersichtsschau zur Zeichnung im 19. Jahrhundert. Dazu bieten Ausstellung und Katalog viel Informatives zur Sammlungsgeschichte des Hauses, zum Wirken des damaligen Direktors Otto H. Förster und seinerzeit üblichen Depotverkäufen und Tauschaktionen. »Provenienz Macht Geschichte« leistet notwendige, bemerkens- und sehenswerte Selbstaufklärung.