Fließende Übergänge, temporäre Zustände: Jack Who

Lücken schließen

Geneva Cub und Jack Who — zwei Neuzugänge auf dem Nachtradar

Unterschiedlicher könnten die Neuzugänge im Kölner Nachtleben, kaum sein — während der Geneva Club mit den Räumen des Rose Club ein etabliertes Etablissement bezieht, haftet der Ehrenfelder Neueröffnung Jack Who der Charme einer temporären Off Location an. Beide schließen nicht nur räumliche, sondern auch programmatische Lücken.

 

Wer schon ein paar Jährchen in Köln clubbt, weiß es eh: Nicht nur auf der Tanzfläche herrscht ein ständiges Kommen und Gehen — auch bei den Dance-Destinationen. Schließt hier ein Club seine Pforten, macht dort ein neuer auf — und das sogar manchmal in denselben Räumen. So geschehen mit dem Rose Club, der nach fast dreißig Jahren Ende September seine letzte Sause schmiss. Was nicht nur die Gäste zu dem Zeitpunkt noch nicht wussten: Lange leer würde die Location nicht bleiben — am 4. Dezember eröffnete im vormals rockig-studentischen Laden der alternativ-avantgardistisch angehauchte Geneva Club.

 

Von uns besichtigt werden konnte nur die Baustelle, aber schon die machte deutlich, dass allzu viel vom alten Ambiente die umfangreichen Renovierungsarbeiten nicht überleben wird. Dafür, dass das Interieur ähnlich stimmig geraten dürfte wie die Dezember-Dates sorgt ein erfahrenes Team von fünf Freunde aus dem King-Georg-K5-Klüngel: Lars Fleischmann, Andreas Rohde, André Sauer, Jan Vater und Rahel Scheiffele. »Wir haben schon länger überlegt, einen eigenen Club zu machen und haben durch Zufall erfahren, dass der Rose Club frei wird«, erinnert sich Rohde, und Fleischmann ergänzt: »Was es in Köln nicht gibt, ist ein Programmclub — und das in einer Millionenstadt. Selbst Düsseldorf hat den  Salon Des Amateurs!« Diese Lücke will der Geneva Club schließen. »Partyreihen im klassischen Sinn wird es bei uns nicht geben, wir arbeiten lieber mit DJs programmatisch zusammen. Wir werden uns voll auf Residents konzertieren. Es gibt in Köln viele gute DJs, die total diverse auflegen — die können auch mal einen ganzen Abend nach ihren Vorstellungen gestalten, nicht bloß ein Warm-up«, so Fleischmann.

 

Auf der Suche nach Verbündeten wurde man schnell fündig: Kalakuta Soul werden regelmäßig im Geneva zu Gast sein, genauso wie Kieran von der Polar oder Jondo von der Rise. Außerdem gibt es eine Kooperation mit Themes For Great Cities aus dem eben erwähnten Düsseldorfer Salon.  Reicht das, um die sonst so veedelsfaulen Kölner in das nicht mehr ganz so berühmt-berüchtigte Bermudadreieck an der Luxemburger Straße zu locken? Zwar sind in unmittelbarer Nachbarschaft nicht nur das Blue Shell und das Stereo Wonderland angesiedelt, sondern seit etwas über einem Jahr auch DJ Cems Greatlive Store und seine Klüngelkneipe King Lui sowie seit kurzem die Musikbar Acephale im ehemaligen Beehive. Trotzdem ist das Belgische immer noch Dreh- und Angelpunkt des Amüsements, auch wenn Ehrenfeld und Ebertplatz oft ambitionierte Alternativen liefern. »Das Belgische Viertel frisst sich selbst, jetzt kommt auch noch der Bebauungsplan. Ich glaube, dass sich die Aachner Straße abgenutzt hat und die Leute Lust auf etwas Neues haben«, so Rohde. »Von allen Städten hat Köln neben Berlin  das größte Potenzial. Dass man, anstatt es voll auszuschöpfen, sich jahrelang auf ein Viertel fokussiert hat, ist provinziell«, findet Fleischmann.

 

Ebenfalls nicht im Belgischen Boomveedel beheimatet ist der zweite neue Sausenspot: Am 3. Oktober eröffnete auf dem Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs das Jack Who. Auch wenn das Areal von Jack In The Box mit seiner Haupthalle bereits in den Jahren zuvor als ein beliebter Veranstaltungsort für mehr oder weniger offizielle Techno-Tanzereien diente, eine legale Partylocation gab es bis dato nicht. Das zu ändern schrieb sich ein Kreativ-Kollektiv von ebenfalls fünf Freunden aus dem Umfeld der Labels Ancient Future und Feines Tier auf die Fahne: Alexander Speckmann, Amon Nanz, Jonathan Haehn, Philipp Schröer und Sebastian Broichhaus.

 

»Wir hatten das Gelände schon seit einigen Jahren im Blick, Jonathan Haehn hat hier ja auch sein Atelier. So ist dann der Kontakt zu Martin Schmittseifer vom Jack In The Box eV. entstanden«, erinnert sich Amon Nanz. Es wuchs der Wunsch, den »Kartoffelkeller« als Club zu nutzen. Was folgte, war ein Umbaumarathon, den das Team fast vollständig in Eigenregie anschob — umso bewundernswerter, da es für das Grundstück bereits einen Bebauungsplan gibt, der zwar noch von diversen städtischen Institutionen abgenickt werden muss, danach jedoch Ende Gelände bedeuten würde. »Derzeit haben wir einen Mietvertrag bis Ende 2016. Wir hoffen natürlich, dass wir eine Verlängerung bekommen«, räumt Nanz ein. »Der Vorteil ist, dass man gar nicht erst in einen Alltagstrott verfällt. Uns ist es lieber, für einen kürzen Zeitraum mit viel Spaß Vollgas zu geben.«

 

Gebaut wurde grundsolide: verwendet wurde vor allem Bongossi-Holz, das man auch als Eisenholz kennt und nachdem gleich eine Partyreihe benannt wurde. Denn auch das Jack Who will sich als Konzept-Club und nicht als Veranstaltungsort verstanden wissen: Für das Programm zeichnen die hauseigenen Plattenpresswerke verantwortlich, aber auch ausgewählte Fremdveranstaltungen. »Die Deep Party ist zu uns umgezogen, auch Marion Mahlbergs Pulstar wird künftig ab und an bei uns stattfinden, genauso wie die Rote Liebe, 200 und immer mal einzelne interessante Sachen mit anderen Clubs, Labels und Crews. Die anderen Abende wollen wir gerne selber gestalten, dafür haben wir neue Formate mit unterschiedlichem Fokus entwickelt, wie zum Beispiel Bongossi, wo es dem harten Holz entsprechend eher technoid zugeht. Auf der Yes to all wird etwas bummlig-verspielterer Sound zu hören sein.« Und das zumindest in der Sommersaison nicht nur im Kellerclub, sondern auch im Outdoorbereich, der sich nicht besser für Open Airs eignen könnte.