Der ganz normale Hype

Wie der zeitlose Rock von Maximo Park die Mühlen der Kulturindustrie am Laufen hält

Es geht wieder los: Passend zum Sommer werden die großen Hype-Maschinen angeschmissen. Die Kulturindustrie braucht neue Gesichter, die Shop-Regale brauchen neue Namen. Dass Rockmusik mal wieder zum lukrativsten Sound der Saison gezüchtet wurde, damit hat man sich langsam schon abgefunden. Ob es mit einem nostalgischen Impuls fürs direkte Gefühl oder einer Müdigkeit vom Experimentieren zu tun hat, scheint schwer zu erklären. Ohne die üblichen Schemata von Innovations-Bonus oder Distinktionsgewinn ist Rock stärker denn je im Wachstum begriffen.
Welch weite Runden jedoch verstärkte Gitarren als bewährtes Wunderheilmittel einer so zersplitterten wie überfütterten Popkultur ziehen, zeigt überraschenderweise nun gerade das Label Warp. Warp? Ja genau, das war die elektronische Artificial-Intelligence-Revolution der 90er, das waren LFO und Aphex Twin, Squarepusher und DJ Shadow. Jetzt hat das Mutterlabel der schlauen Computermusik ihre erste postklassische Rockband verpflichtet. Maximo Park nennt sich das Quintett, unbeschriebene Blätter aus Newcastle, welche den ganzen Sommer hindurch lauthals gefeiert zu werden drohen. Das steht schon fest wie das Amen in der Kirche.
Die ersten Zeichen der Promo-Offensive zeichneten sich letzten Herbst ab. Im Oktober lud das angesehene Label Journalisten nach London ein, um Maximo Park bestaunen zu lassen. Die Kollegen und Kolleginnen sollen zwar nicht ehrfürchtig, aber mit bleibendem Eindruck zurückgekehrt sein. Seitdem gab es in punkto Vorschlusslorbeeren auf der britischen Insel kein Halten mehr. Erste Singles brachten das Quintett gleich in die englische Top Ten und der NME, das britische Pop-Magazin mit der Definitionsmacht, stand Kopf. Maximo Park sind seitdem in aller Munde und erfüllen angeblich jede Funktion. Die Wurzeln des kontemporären Songwritings auf neuem Level: schöngeistiger als die erst einen Monat zuvor gepushten Bloc Party, moderner als die Strokes, sensibel aber nicht so weinerlich wie Coldplay und auch nicht so manieristisch wie Franz Ferdinand. Nennen wir es einfach den neuen Britrock.
Frontmann Paul Smith gehen all diese Vergleiche natürlich auf die Nerven: »Ich weiß ja, man kommt da nicht drum herum. Die Leute wollen alles immer vergleichen«, erzählt er in Intro. »Das ist frustrierend, da man natürlich eine eigenständige Band sein will. Andere Bands mögen es vielleicht, wenn sie Teil von etwas Großem werden, aber wir wollen für unseren eigenen Sound gekannt werden. Wir sind Maximo Park. Wir wollen eine dieser Referenzbands werden!« Große Worte.
Maximo Park, das soll sich auf den Maximo Gomez Park in Kuba beziehen, auf Entspannung und angeregte Unterhaltungen, auf demokratische Kommunikation innerhalb eines Kollektivs. Maximo Park sind Lukas Wooler am Keyboard, der Gitarrist Duncan Lloyd, Archis Tiku an Bass und Gitarre, der Drummer Tom English und eben der charismatische Bühnenderwisch und Sänger Paul Smith, dessen Präsenz die Kritiker schon zu Vergleichen mit Jarvis Cocker von Pulp hingerissen hat.
Doch auch wenn ein
Hype dieser Dimension die große Frage nach musikalischen Qualitäten schon unter sich begraben hat, sind diese vorhanden. Maximo Park scheinen ihren Platz zwischen einem melancholischen Songwriting der 60er, treibendem Stadionrock und einer Mainstream-Version des 80er-Rockdance-Revivals gefunden zu haben. Daneben etwas Wave und Britpop, natürlich alles abgeschwächt, man will ja selbst ein Original sein. Dabei wirkt die Band fast zeitlos, ihr Debut »A Certain Trigger« ist ein Album, das auch fünf Jahre früher oder später hätte erscheinen können.
Das größte Kompliment, was man Popsongs zwischen der Credibility des Underground und dem Blick auf die Charts machen kann, ist, dass sie funktionieren. Genau das ist das simple, unspektakuläre Geheimnis der Band. Sie funktionieren in jedem Kontext, zu jeder Jahreszeit, zu (fast) jeder Stimmung. Kleine Alltags-Oden über die Einsamkeit, zerrissene Frontalrocker irrationaler Euphorie und catchy Hymnen der Liebe verteilen sich im Drei-Bis-Vier-Minuten-Takt über das kompakte Album. Die Band bezeichnet ihre Songs einfach allesamt als »Love-Songs«, was genau so wahr ist wie die Tatsache, dass das Genre hier über seine Klischees hinaus geht. Die Simplizität der Songstrukturen, welche von den melodiösen Keyboards und Orgeln eine eigene Note bekommen, sind wie gemacht für ein junges Festival-
Publikum, das irgendwo zwischen Pogo, Mitklatschen und ein
bisschen Sehnsüchtig-Sein-Wollen einen netten Abend verbringen möchte. Maximo Park werden sich dieses Jahr den Arsch abtouren.
Für den Erfolg scheint man auf Nummer sicher gegangen zu sein. Mit einer etwas monoton ausgesteuerten Produktion des Bloc Party-Produzenten Paul Epworth, die ohne nennenswerte Charakteristika Druck und Klarheit verbreitet, sind alle Ecken und Kanten aus dem Sound-Design entfernt worden. Zurück bleibt ein nettes Pop-Album mit Massenappeal, das sich jeder irgendwie zu Gemüte führen kann. Vielleicht sind Maximo Park der angemessene Ausdruck einer Rock-Popkultur, die jede produktive Reibung über Bord geworfen hat.

Maximo Park, »A Certain Trigger« ist bereits
erschienen auf Warp/Rough Trade.