Neuer Stil, alte Fragen

Vom Gelingen der schwarz-grünen Koalition hängt auch die Zukunft von Henriette Reker ab

 

Jeder konnte plötzlich mit jedem. Eine kommunalpolitische ménage à trois, wie inszeniert für den kölschen Boulevard: Nach dem OB-Wahlsieg von Henriette Reker rangelten ihre Unterstützer CDU und Grüne mit der SPD um Koalitionen. Das rot-grüne Bündnis war zerrüttet, auch persönlich. Prompt zeigte sich die CDU sowohl gegenüber der SPD als auch den Grünen politisch sehr anpassungsbereit. Ihr geht es aber auch um Posten in der Verwaltung. Bislang stellt die CDU keinen einzigen Dezernenten — das wird sich ändern.      

 

Dass nun die neue schwarz-grüne Minderheitskoalition bis zur Wahl 2020 halten wird, ist längst nicht ausgemacht. Zwar werden im Stadtrat weitreichende Entscheidungen mit breiter Mehrheit getroffen. Aber eine schwarz-grüne Minderheitskoalition wird sich stets Partner suchen müssen. Es gibt viele einflussreiche Stimmen in der CDU, die ein Bündnis mit der SPD und damit eine sichere Ratsmehrheit vorzögen. Einen »Neuanfang« hätte das aber nicht vermittelt. Schließlich hatten die Reker-Unterstützer im Wahlkampf noch einen »SPD-Filz« in der Verwaltung ausgemacht. Folgerichtig hatte Reker sich nach der Wahl ausbedungen, mitzureden: Schwarz-Grün war ihr Wunsch. Vom Gelingen dieser Koalition hängt jetzt ihre politische Zukunft ab. 

 

Schwarz-Grün gab es bereits ab 2003 für anderthalb Jahre. Und das, obwohl die CDU damals von Rolf Bietmann geprägt wurde, bis dahin für die Grünen der personifizierte kölsche Klüngel. Es gibt auch seit vielen Jahren ein stabiles Bündnis von CDU und Grünen in Lindenthal, aber das ist ein Stadtbezirk mit vergleichsweise harmlosen Problemen. Die Herausforderungen im Rathaus sind andere: Die Stadtkasse ist klamm, doch es müssen Wohnungen und Flüchtlingsunterkünfte gebaut, Straßen und Brücken saniert und der Öffentliche Nahverkehr ausgebaut werden. Gleichzeitig bekommt die Stadt ihre Großprojekte nicht unter Kontrolle: Opern-Desaster, Kalkberg-Desaster, beim Haus der Jüdischen Kultur und der Archäologischen Zone gibt es viele Unwägbarkeiten. 

 

Und dann ist da noch Henk van Benthem. Das CDU-Ratsmitglied hat sich in der Bezirksvertretung Porz mit den Stimmen der AfD und der rechtsextremen Bewegung Pro Köln zum Bürgermeister wählen lassen. Ein Tabubruch und bislang einmalig in Köln. Van Benthem wird von der Porzer CDU und ihrem einflussreichen Chef, Ex- KVB-Vorstand Walter Reinarz,  gestützt. Auch deshalb kämpfen die Grünen in Porz seit anderthalb Jahren mit der SPD vergeblich, van Benthem zum Rücktritt zu bewegen. Der Ratskoalition ist van Benthem peinlich, aber die Koalitionsgespräche soll der Fall nicht belasten. Doch auch am Umgang mit diesem Tabubruch wird sich der »neue Politikstil« (Henriette Reker) messen lassen müssen. Es wäre auch interessant, Rekers Ansicht in dieser Sache deutlich zu vernehmen. In Zeiten, wo Pegida und Nazi-Hools durch Köln spazieren, kann man Henk van Benthem nicht zu einem störrischen Tollpatsch verniedlichen als hätte er bloß gegen die Etikette verstoßen.