Foto: Manfred Wegener

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Wieder mal Erster, wer sagt’s denn: Über ein Drittel aller deutschen Fernseh-Auftragsproduktionen 2004, so fanden Medienforscher heraus, wurden in NRW und damit vor allem in Köln hergestellt. Spitzenposition, vor Bayern, Berlin und Hamburg sowieso. Alles richtig gemacht, weiter so. Könnte man denken, doch anfühlen tut sich derzeit alles anders am Medienstandort Köln.

Denn – Viva war nicht das Ende – auch nach der Abwahl der rot-grünen Landesregierung setzt sich der Abwanderungstrend von Medienunternehmen aus NRW weiter fort. Wie bereits angekündigt, verlässt der Einkaufskanal RTL Shop 2006 sein Domizil im Coloneum in Köln-Ossendorf und zieht nach Hannover. Dort winkt dem Sender ein Kabelplatz für volle 24 Stunden pro Tag. Damit droht Köln nicht eben ein Brain Drain. Hart aber trifft es wieder mal das Coloneum. Seit Jahren plagt sich der Betreiber, die Magic Media Company, mit mangelnder Auslastung.

Auf diesem »geklonten Gelände« vor den Toren der Stadt fehle es eben an einer sozialen Infrastruktur, wurde auch auf einer Podiumsdiskussion im Mai zur Zukunft des Medienstandorts Köln moniert. Bis heute gebe es im Coloneum offenbar keine für TV-Manager satisfaktionsfähige Restauration. Und dies, so sprach Produzent und RTL-Interims-Coach Marc Conrad, sei bitteschön keine Petitesse, denn wer in Ossendorf arbeite und essen gehen wolle, müsse in die Stadt fahren und verliere dadurch unbotmäßig viel Zeit. Doch sprach man anschließend nicht über Potenziale und Perspektiven von Pausenbrot und Pizza-Service, sondern vermisste kollektiv den medienpolitischen Elan im Sektor wie auch die Pflege von »weichen Standortfaktoren« am Rhein, die qualifiziertes Personal locken könnten. Stadttheater, Cinemathek, Museumsneubau – da hatte die Stadt Köln zuletzt nicht eben geglänzt. Insgesamt, so bilanzierten die geladenen Kölner Produzenten, Regisseure und Hochschullehrer im Panel, sei die NRW-Medienpolitik einigermaßen erschöpft.

Nach dem Politikwechsel in NRW im Mai muss sich nun Rüttgers Club aus CDU und FDP beweisen. Und so zittern all jene, die sich und ihre Projekte aus öffentlich geförderten Töpfen unterhalten, und das sind traditionsgemäß nicht eben wenige im Medien- und Kultursektor. Alles neu und anders machen, weiterwurschteln oder aber Kontinuität, wo es Sinn ergibt, und einige neue Akzente setzen – die Möglichkeiten für die neue CDU-Regierung sind mannigfaltig. Hier dürfte zudem der Stadt Köln mit ihrem CDU-OB Schramma eine Schlüsselposition zukommen.
Dabei schien eigentlich die Luft raus aus den Allmachtsphantasien der Medienpolitik und dem ganzen Medienstandortwettbe- werbsgewese. Im Zuge der Krisenjahre war die Branche selbst im Diskurs auf eine reelle, auch arbeitsplatzgrößenmäßig angemessene Bedeutung gesundgeschrumpft. Doch ist es eben das Besondere der Medienindustrie, die notwendigerweise über sich selbst berichtet, sich stets als Königsdisziplin zu inszenieren.

Wer aber Köln bei Google-Video (http://video.google.com) sucht, kann sehen, was wirklich zählt. Die Suchmaschine scannt internationale TV-Programme auf ihren sprachlichen Inhalt und zeigt die dazugehörigen TV-Bilder. Auf das Stichwort »Cologne« gibt’s nicht etwa Berichte von einem strahlenden europäischen Medienzentrum, sondern Reiserouten am Rhein und alte Seinfeld-Folgen, in denen sich die Akteure mit dem Duft von Kölnisch Wasser necken: »What are you wearing? Cologne? Manly.«