Wahrheitspresse

Journalisten-Drama: Spotlight von Tom McCarthy

Unsere Leitmedien sind seit einiger Zeit heftiger Kritik ausgesetzt, aus guten und aus schlechten Gründen. Da kann es nicht schaden, wenn ein intelligenter Spielfilm in Erinnerung ruft, welche wertvollen Dienste solider Journalismus leisten kann — zumal wenn gleichzeitig die Strukturprobleme der »vierten Gewalt« beleuchtet werden.

 

Im Zentrum von »Spotlight« steht ein kleines Team, das beim Boston Globe für investigative Reportagen zuständig ist. Als 2001 ein örtlicher Priester des Kindesmissbrauchs beschuldigt wird, beginnen vier Journalisten mit Recherchen. Da das Drehbuch von Regisseur Tom McCarthy und Josh Singer auf einer wahren Begebenheit basiert, weiß man sogleich, wie das Ganze ein halbes Jahr später endet: Eine Artikelserie bringt ans Licht, dass der Bostoner Erzbischof jahrzehntelang Kindesmissbrauch durch Dutzende Priester vertuschte. Weltweit werden in katholischen Gemeinden ähnliche Skandale bekannt.

 

Am Ende des Films beziffert eine Einblendung die Bostoner Fälle und listet international Orte auf, die besonders betroffen waren. Doch es ist bezeichnend, welche Konsequenzen nicht benannt werden: dass die realen Vorbilder der vier Hauptfiguren einen Pulitzer Preis bekamen und dass die Bostoner Erzdiözese wegen anfallender Entschädigungszahlungen an den Rand des Bankrotts geriet.

 

Dieser Film rekapituliert einen journalistischen Triumph, aber er ist nicht triumphierend. Zur angenehmen Nüchternheit des Tons trägt das zurückhaltende Spiel des prominenten Darstellerensembles ebenso bei wie der weitgehende Verzicht der Regie auf formale Akzente. Die unscheinbare Hässlichkeit der Redaktionsräume und der uneitle Habitus der Protagonisten suggerieren subtil eine Konzentration auf wesentliche journalistische Berufstugenden. Eine Montagesequenz identifiziert ganz nebenbei das muffige Kellerarchiv als Herz jeder guten Zeitung.

 

McCarthys diskrete Hommage an journalistische Gründlichkeit reflektiert aber auch, wie viele Faktoren — gesellschaftliche, berufsimmanente und allzu menschliche — gutem Journalismus im Wege stehen. Stellenkürzungen werden ebenso beiläufig angesprochen wie Monopoltendenzen und Elite-Netzwerke. An einem Punkt scheint es, als würde die geleistete Arbeit einfach zunichte gemacht, weil die Zeitung nach 9/11 wochenlang nur noch ein Thema kennt. Da denkt man dann, ohne dass der Film es eigens thematisieren müsste, unwillkürlich daran, wie willfährig sich die US-Medien wenige Monate später zur Kriegspropaganda einspannen ließen.